Was ist Indie? Ist das, was man heute als krassen Indie-Shit bezeichnet überhaupt Wert so genannt zu werden? Ist Indie eine Lebenseinstellung oder ein Labelbegriff? Ist die Musik aus dem Lokalradio Indie? Bin ich Indie? Tausender dieser Fragen versucht Albert Koch, Redakteur beim Musikmagazin „Musikexpress“ zu klären. In seinem Buch „Fuck Forever – Der Tod des Indie-Rock“ werden essentielle Fragen der Herkunft und der Bedeutung des Indie gestellt.
Mit Vergleichen und Zusammenhängen aus vergangenen Jahrzehnten geht Albert Koch dem Phänomen Indie auf den Grund. Immer wieder fallen Phrasen, wie „Transformation von innovativer Musik, in ganz normalen Rock“ oder „Indie ist der neue Mainstream“. Hier wird also nicht unbedingt auf die heutige Indie-Szene abgefeiert, sondern sie wird in Frage gestellt. Der Krieg ist eröffnet: hier tritt der “andere” Indie gegen die “Class of 2005” (Bands wie Bloc Party und Maximo Park) an.
Fuck Forever setzt auf Aufklärung für all die Menschen, die nicht wissen was vor ihrer Geburt und ihrem Karohemd-Röhrenjeans-Haare-ins-Gesicht-Look, musikalisch in der Welt so los war. Aufgewertet wird das Buch zudem mit Interviews von Adam Green, Mayo Thompson von The Red Krayola, DJ Chris de Luca (ja auch Elektronik wird auf ihre Beats getestet), und der ehemaligen Fast-Forward Moderatorin Charlotte Roche. Nicht nur der Begriff Indie wird hier auseinandergenommen, sondern auch alle Begleiterscheinungen: alle Arten von Menschen, die sich dem Indie so nahe fühlen, Partys und Drogen. Zum Abschluß des Buches findet sich eine Top-25-Albenliste von 2005 bis 2007 im Anhang.
Der Leser dieses Buches kann eine Menge Spaß bei der Selbstkategorisierung seines Indie-Seins haben. Wer diese Musik hört, findet sich definitiv in vielen der beschriebenen Klischées wieder. Das macht die Mainstream-Geschichte zwar nicht besser, dafür aber amüsanter, solange man dieses Buch nicht als radikalen Angriff auf seine Individualität sieht.
Störend hingegen sind eigentlich nur die vielen Wiederholungen von Sätzen, deren Hauptwort einfach ausgetauscht wird. Wohlmöglich, das sich hier der Schreibstil des Autors wiederfindet, trotzdem lässt die Aufmerksamkeit beim Lesen durch dieses copy & paste Verfahren nach und wirkt auf die Dauer etwas kreativlos. Natürlich hat das Buch nicht nur unterhaltenden Charakter: es möchte auffordern zum Hören von älterer, anderer Indie Musik. Es möchte zeigen, dass der Indie-Hype im Moment eben nur ein Hype ist, eine Reproduktion dessen, was schon einmal da war, nur schneller und lauter. Im Idealfall denkt man über die Kritik des Autors nach. Wenn einem nicht danach ist, kann man darauf wetten in den nächsten Seiten wieder etwas Amüsantes zu lesen, was man dann bei sich selbst und seinen Freunden nachprüfen kann.
Zusammengefasst: wer wissen will, wie Indie er und die Musik, die er hört, ist und dabei auch noch über sich selbst lachen kann, sollte dieses Buch auf seinen Wunschzettel schreiben. Da freut sich auch die Mutti, wenn das Kind endlich mal ein Buch liest!
229 Seiten, 14,90 €
VÖ: 23. April 2007, Hannibal
http://www.hannibal-verlag.de/