Shane Jones – Thaddeus Und Der Februar

thaddeus

Thaddeus und der Februar ist ein sehr eigenartiges Buch, im besten Sinne”

So beschreibt der Eichborn Verlag selbst sein Frühjahrs-Programm-Highlight in den Presseunterlagen, und trifft es damit ziemlich gut. Bereits die Verarbeitung ist außergewöhnlich aufwendig für das Erstlingswerk eines jungen, unbekannten Autors: der hochwertige Schutzumschlag glänzt und funkelt wie frischer Schnee und die hochwertigen Zeichnungen von Ria Brodell illustrieren eine surreale Welt, die, wenn es um das Wetter geht, unserer gar nicht sooo unähnlich ist. Obwohl das Buch in unserem Fall wohl eher “Thaddeus und der Januar” hätte heißen müssen, wenn man den vergangenen Monat betrachtet. Denn genau wie Deutschland im Januar im Schnee versank, so versinkt die Stadt, in der Thaddeus lebt, im Schnee. Und das bereits seit mehr als 800 Tagen.

Der Grund dafür ist, dass der Februar die Herrschaft an sich gerissen hat und die Sonne zu jeder Zeit durch Wolken verdeckt, damit der Schnee nicht schmelzen kann. Das ist aber lange noch nicht alles, denn die Priester des Februars führen seine fiesen Anordnungen rigoros durch: Alles was mit Fliegen zu tun hat wird verboten (und das in einer Stadt mit verdammt vielen Ballonfahrern) und die Kinder werden nach und nach entführt. Flugunfähige Vögel bevölkern den Wald und selbst die Bären schützen sich mit Hirschfellmänteln vor der Kälte. Doch die Bewohner nehmen die Herrschaft des Februars nicht einfach so hin, Rebellion beginnt in verschiedensten Formen zu sprießen. So bemalen zum Beispiel Thaddeus Lowe, der Protagonist und selbst Ballonfahrer, und seine Frau alle möglichen Flächen im Haus mit Ballons und Drachen, zum Schluss sogar die Arme und Hände ihrer Tochter Bianca. Als auch Bianca vom Februar entführt wird, schließt sich Thaddeus den Männern “die sich Der Ausweg nannten” an und wird zu ihrem Anführer erwählt. Sie scheuen keine Mühen und “entwerfen einen Plan, den Februar zu überlisten, indem sie so tun, als wäre Sommer. Die Männer ziehen die Hemden aus, krempeln die Hosen hoch und nennen sie Shorts.” Aber der Februar schlägt immer härter zurück, und irgendwann bleibt Thaddeus nur noch eine Möglichkeit: er zieht aus um den Februar zu finden und zu töten. Was er am Ende seiner Suche findet ist anders als das was er erwartet hatte… aber den Rest müsst ihr wohl selbst lesen. Soviel sei noch gesagt: Nach vielen Umwegen gibt es ein Happy End. Irgendwie.

Thaddeus und der Februar ist, wie ich schon sagte, nicht nur inhaltlich besonders. Die Gestaltung wird auch alle Typo-Liebhaber unter euch verzücken, denn der Satz ist genauso außergewöhnlich wie Schutzumschlag und Illustrationen. Man kommt quasi in allen Bereichen auf seine Kosten, und da Spike Jonze sich bereits die Filmrechte gesichert hat, kann man auch einen außergewöhnlichen Film erwarten. Die Geschichte des Buchs selbst ist übrigens auch schon ein kleines Märchen, denn Shane Jones‘ erster Roman erschien zunächst in einer Mini-Auflage von nur 150 Exemplaren in einem Indie Verlag. Der Erfolg des Buchs ließ jedoch bald den Verlagsriesen Penguin an die Tür klopfen und kurz danach eben auch Spike Jonze. Nun dürfen wir gespannt warten, was der aus dem Material zaubert.

Für mich als Buch-Nerd war das Leseerlebnis von Thaddeus und der Februar auch ein eigenartiges, allerdings hatte ich dann und wann das Gefühl, dass Jones ein wenig mehr aus seinen Ideen hätte rausholen können. So bleibt der eigenen Phantasie nun mehr überlassen. Alles in allem ist Thaddeus und der Februar ein wunderbares, träumerisches Buch über Rebellion und Liebe, und im weitesten Sinne wohl auch über die Überwindung der Winterdepression. Zum Abschluss noch als besonderes Schmankerl der vom Eichborn Verlag produzierte Trailer zum Buch:

httpv://www.youtube.com/watch?v=R-wbRTj5vDA

5von56

Shane Jones, Thaddeus und der Februar
Aus dem Englischen von Chris Hirte
Eichborn Verlag
176 Seiten, gebunden
€ 16,95
ISBN 978-3-8218-6107-4

Gianna Slomka

Mehr erfahren →