“I’m just kinda passing through.”
(Wendy – Wendy and Lucy)
In dieser Woche erscheint mit “Wendy and Lucy“ endlich ein Film auf DVD, der es trotz sehr guter Rezensionen in der amerikanischen Filmlandschaft kaum in deutsche Kinos geschafft hat. Die Handlung ist schnell erzählt: Die arbeits- und so gut wie mittellose Wendy (großartig: Michelle Williams) ist mit ihrer Hündin Lucy auf dem langen Weg nach Alaska, um dort ein neues Leben zu beginnen. Als in der Mitte von Nirgendwo ihr Auto den Geist aufgibt, und dann auch noch Lucy verschwindet, findet sich Wendy in einer für sie existentiell bedrohlichen Situation.
Wer einmal in den USA mit dem Bus fahren konnte/musste hat mit einiger Wahrscheinlichkeit Menschen wie Wendy getroffen. Dennoch ist Wendy and Lucy kein wütender, anklagender Film. Das ist ziemlich bemerkenswert in einer Zeit, in der die US-Gesellschaft wie selten zuvor polarisiert ist, aber in keinster Weise unamerikanisch. Wenn Wendy in ihrem Notizbuch ihre letzten Dollars auf ihre zu erwartenden Ausgaben verteilt, dann eröffnet sich – ganz ohne rot-weiß-blaue Brille – der Blick auf den real existierenden amerikanischen Traum. Nicht in der Geschichte vom Tellerwäscher zum Millionär, sondern in der bewundernswerten Überzeugung, dass die Reise immer weitergehen muss, und wenn das Ziel eine Fischfabrik in Alaska ist. Letzenendes überlässt Regisseurin Kelly Reichhard die Auslegung des Filmes jedoch dankenswerterweise dem Zuschauer.
Mit seinen 77 Minuten Laufzeit verleugnet “Wendy and Lucy” nie, dass das Script auf einer Kurzgeschichte (“Train Choir” von Jon Raymond) basiert. So wie wir also Zeuge einer kurzen Episode in Wendys Leben werden, von der wir nicht viel mehr erfahren als dass es wohl nicht viel zu erfahren gibt, stolpert Wendy in das Leben einer Handvoll Kleinstädter. Glaubhaftere Darstellungen von alltäglichen Menschen, mit genauso alltäglichen, eigentlich gar nicht leinwandtauglichen Träumen und Problemen, habe ich selten gesehen. Wer sich von Filmen ein wenig Realitätsflucht erhofft, wird dann auch genau das Gegenteil bekommen und von “Wendy und Lucy” enttäuscht werden. Ein Film wie U-Bahnfahren. Ein Film, der keine Einstellungen von berauschenden Landschaften und keine klagende Slidegitarre à la Wim Wenders braucht um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen.
Vielleicht gerade deshalb die Essenz des Road Movies.
Wendy and Lucy (USA 2008)
Regie: Kelly Reichardt
Darsteller: Michelle Williams, Will Oldham, John Robinson, Will Patton, Wally Dalton
DVD-VÖ: 23. April 2010, Filmgalerie 451
FSK: Freigegeben ab 6 Jahren (R-Rating in USA 🙂 )
httpvh://www.youtube.com/watch?v=7QXEK64ba08