“Hi Dad!”
(Cleo – Somewhere)
Ein junger Hollywoodstar, der sich auf dem Weg des Ruhms verloren hat und durch das Auftauchen seiner 11-jährigen Tochter zu sich selbst zurückfindet – klingt ausgelutscht? Nicht, wenn man die Geschichte mit den Augen Sofia Coppolas sieht, die eben diese Story in ihrem neuen Film „Somewhere“ verarbeitet, der seit letzter Woche in den Kinos läuft.
Johnny Marco (Stephen Dorff) ist ein beliebter Hollywoodstar – er hat Geld, sieht gut aus und kann es sich leisten im legendären Hotel Chateau Marmont in Los Angeles zu leben. Doch zwischen all der oberflächlichen Anerkennung, den nächtlichen Parties, die seine Freunde ungefragt in seinem Hotelzimmer schmeißen und den Stripperinnen, die er sich zur Belustigung bestellt, hat er sich selbst scheinbar verloren – ziellos treibt er vor sich hin und vertrödelt die Tage zwischen all den Parties und dem nächsten Filmdreh, der nächsten Pressekonferenz damit, mit seinem schwarzen Ferrari durch die Gegend zu fahren und nicht zu wissen, wohin mit sich selbst.
Bis eines Tages seine 11-jährige Tochter Cleo (großartig: Elle Fanning) vor seiner Tür steht – Produkt einer gescheiterten Beziehung und temporär heimatlos, da ihre Mutter sich plötzlich eine Auszeit nimmt. Johnny muss sich notgedrungen um Cleo kümmern und beginnt über die wachsende Beziehung zu seiner aufgeweckten und schon erstaunlich erwachsenen aber dennoch anlehnungsbedürftigen Tochter endlich über sein Leben nachzudenken und sich aus der Sackgasse dieses eigentlich unbefriedigenden Lebens zu befreien – er merkt, dass es um mehr geht im Leben als flüchtigen Ruhm.
Sofia Coppolas Stärke ist die langsame, unaufgeregte Erzählweise, mit der sie behutsam das Leben ihres Protagonisten illustriert. Es wird kaum gesprochen, Hauptdarsteller Stephen Dorff und Elle Fanning sprechen im ganze Film vielleicht zehn ganze Sätze – aber umso bemerkenswerter ist, wie Coppola es schafft, die zarte Beziehung der beiden und die Wandlung des Protagonisten, seine innere Gefühlswelt größtenteils nur mithilfe von ausdrucksstarker Bildsprache zu beleuchten.
Die langsamen Schnitte, das Porträt des in sich geschlossenen kleinen Mikrokosmos des Hotels in dem Johnny lebt, der wunderbar feinsinnige Humor, mit dem Coppola einzelne Episoden kommentiert und vor allem die tollen Hauptdarsteller machen den Film absolut sehenswert. Elle Fanning, soviel zeigt dieser Film, wird in Zukunft sicherlich noch in vielen weiteren Filmen begeistern, und auch Dorff schafft es, seinen Johnny Marco mit einer Ausdruckslosigkeit und Abgestumpftheit zu spielen, die die Gefühlswelt ebendieses eindrucksvoll deutlich macht.
Wer „Lost in Translation“ mochte und auf tolle Bilder, feinsinnigen Humor und liebevolle Details steht, dem wird „Somewhere“ sicherlich gefallen. Und obendrauf gibt es im Film tolle Musik von Phoenix und Julian Casablancas.
Somewhere (USA 2010)
Regie: Sofia Coppola
Darsteller: Stephen Dorff, Elle Fanning, Chris Pontius, Michelle Monaghan
Kinostart: 11.November 2010 (Tobis Film)
FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
httpvh://www.youtube.com/watch?v=TL_uVJWRwhA