It’s good to know you’re out there!
(Tim Neuhaus – As Life Found You)
Dieser Tage gibt es wieder Post vom Grand Hotel van Cleef – dem Hamburger Musiklabel der Indie-Darlings Tomte und Kettcar – das alleine reicht schon aus um die Messlatte beim Öffnen des Luftpolsterumschlags, zusammen mit der Pulsfrequenz, relativ hoch anzusetzen. Und dann noch der beigelegte Pressetext: “Ausstrahlung, die so rein & sexy ist wie ein reißender Bergfluss im Winter. Mit einer Stimme so gut, soulig, deep und ausgebildet, dass es einem die eigene raubt. Mit einer Band die spielt wie ein Uhrwerk. Mit Songs, die so schön und so besonders, aber full of Pop sind, dass man den Kopf schüttelt über viertklassige Singer/Songwriter, die mit „Sex & The City“ Soundtrack-Kampagne im Rücken einfach durchmarschieren, dass es einem unangenehm ist.” – worum geht’s denn hier? Um “The Cabinet” von Tim Neuhaus!
Tim Neuhaus? Der Hagener und mittlerweile Wahl-Berliner studierte Schlagzeug an der Hochschule für Musik in Weimar, verdiente sich später als Drummer bei der Blue Man Group in Berlin und schaute sich dann ein bisschen was als Schlagzeuger der Liveband von Clueso bzw. bei dessen Albenaufnahmen ab – nicht ohne vorher auch schon selbst Musik gemacht zu haben…und jetzt “The Cabinet”, das er zusammen mit seiner Band eingespielt hat und keinesfalls zu unrecht in bester Fischmarktmanier vom Label angepriesen wird. Denn das Album reiht vom ersten Klang von “Troubled Minds” bis zum Ausklang von “We Were Here, Right?” Singer-Songwriter-Perlen aneinander, wie sie sein sollen: Musikalisch verspielt, inhaltlich ehrlich und auf den Punkt!
Launig beginnt das Album mit “Troubled Minds”, irgendwie Folk, irgendwie Pop – wir zitieren wieder das Promoschreiben: “Wir glauben, dass die Schönheit von „Troubled Minds“ so schön ist, dass sie Jeder spüren und erfahren muss.” Recht habt ihr…wobei, noch viel eher stimmt die Einschätzung beim nächsten Song “As Life Found You“, wo direkt von einem epochalem Hit die Rede ist…und was soll man sagen – wenn diese Platte einen Übersong hat, dann diesen: Wabernde “allalla-allalla“-Sings-Sangs, gefühlvoller Text über die Liebe und das Leben, gepaart mit Melancholie und dem richtigen Timing für Höhepunkt und Schluss – das muss doch einfach den Weg ins Radio, Fernsehen, in unsere Herzen finden! “Armed With A Friend” fühlt sich ähnlich an, ohne jedoch den großen Höhepunkt zu liefern, nachdem “5 Weeks” das Tempo etwas rausgenommen hatte. “Daydream Detector” beginnt einfach mit nur Gesang und Akustik-Gitarre, um sich dann träumerisch mit Percussions, Glockenspiel, E-Gitarre, Sound-Samples zu wandeln – man lässt sich geradezu einlullen von dem schönen Liedgut, auch dank des sanften Gesangs von Tim Neuhaus.
“Accidental” erinnert gegen Ende so ein bisschen an diese Simply Red-Platte, die die Mutti immer mal wieder auflegt – “Oh-Oh-Oh” und so weiter – vielleicht ein Vorurteil, vielleicht falsch-geleitete Erinnerung, aber was soll’s – macht ja nix, trotzdem schön. Mit “Pete’s Song” zeigt man dann auch, dass man es auch etwas rockiger und zügiger kann, um dann mit “Overgrown” das Ganze wieder komplett umzudrehen und sich in niedliche Singereien zu verlieren. “Fools” sei perfekt, um ein letztes Mal das ominöse Promo-Schreiben zu zitieren, “für die ersten 500 Meter, nachdem dir per SMS die Trennung übersendet wurde” – ob das so ist, ist schwer zu sagen – nur so viel – wer dem Tomte-Ausspruch “Nichts ist so schön auf der Welt, wie betrunken traurige Lieder zu hören” anhängt, sollte beim nächsten mal “Fools” in die Playliste einbauen…bzw. auch das Instrumental-Stück “We Were Here, Right?” würde sich in dieser nicht schlecht machen – genauso wie “The Cabinet” im Schrank eines jeden Singer-Songwriter-/Grand Hotel-Liebhabers!
Tim Neuhaus – The Cabinet
VÖ: 28. Januar 2011, Grand Hotel van Cleef
www.tim-neuhaus.de
www.myspace.com/timneuhausmusic
httpvh://www.youtube.com/watch?v=ykjZynz96DE