Pop wird ja von uns allgemein immer belächelt, jedoch kann man diesem etwas klebrigem und doch so eingängigem Genre nicht absprechen, dass es irgendetwas hat. Und so ging es uns auch bei Oh, Napoleon. Die Gedankengänge: Ah ok, Pop…hm…gar nicht mal so schlecht. Kurze Zeit später wanderte ‘Yearbook‘ ins Auto und damit auf kürzestem Weg auf die Dauerrotation. So und nun sitzen wir im selben Boot und baten die Band zum Interview. Und auch dort ist natürlich das Pop-Genre, die Geschichte der Band und das angebrochene Jahr 2011 Thema.
1. Steckbrief
– Name: Oh, Napoleon
– Bandmitglieder: Danny Balzer, Katrin Biniasch, Maximilian Frieling, Maximilian Landwehrjohann, Patrick Richardt
– Gründungsjahr: 2005
– Standort: Krefeld
– Aktuelles Album: Yearbook (erschienen: 2011)
2. Fragenkatalog:
– Wie habt ihr euch das erst mal getroffen bzw. wie kam es zur Bandgründung?
Max (Frieling) und Danny Balzer haben sich durch die Nachbarschaft kennengelernt und eine Punkband gegründet, wie man das halt so mit 14 / 15 macht. Patrick hat die beiden auf einer Party kennengelernt und ist als Schlagzeuger hinzugestoßen. Die 3 haben dann eine geeignete Person für den Hauptgesang gesucht und die Ideal-Besetzung in Form einer Bekannten von Patrick namens Katrin gefunden. In dieser Konstellation spielten die Vier dann bis 2008, als für einen Unplugged-Gig ein weiterer Gitarrist gesucht wurde. Ich spielte zu dem Zeitpunkt in einer anderen Band, in der aber auch Patrick der Schlagzeuger war. Er hat mich vorgeschlagen und seitdem sind wir zu fünft unterwegs.
– In welcher Situation kamt ihr auf den Namen ‘Oh, Napoleon’, welche Bedeutung hat er für euch?
Der Name hat erst mal keine historische Bedeutung für uns, wir haben mit Napoleon Bonaparte nichts am Hut. Max ist in den USA im Staat Ohio geboren und in der Nähe seiner Geburtsstadt gibt es einen Ort namens „Napoleon“. Das Kürzel für Ohio ist „OH“, wir haben die beiden Elemente zusammengenommen und heraus kam „Oh, Napoleon“!
– Wie kam es dazu, dass ihr professionell Musik macht und eine Platte veröffentlicht habt?
Da hat definitiv das Glück eine große Rolle gespielt. Als die Band noch zu viert unterwegs war – ziemlich genau in den Anfangsmonaten -, boomte Myspace und wir waren mit einem unserer Songs, eine Demo-Aufnahme, sehr hoch in den Charts. Scouts von Universal haben das wohl genau an dem Tag gesehen, reingehört und uns dann eine Mail geschickt, dass Interesse an einer Kooperation besteht. Wir waren damals gerade erst 16, oder sogar noch 15, und da denkt man nicht zwei Mal über so ein Angebot nach. So eine Chance muss man einfach wahrnehmen, da man sie nicht allzu oft im Musikerleben bekommen wird. Wir haben dann sehr lange an der ersten Platte gearbeitet, da wir vom Song-Writing noch in der Findungsphase waren und erst in den letzten zwei Jahren zu unserem Sound gefunden haben.
– Warum habt ihr euch entschlossen eine Pop-Band zu werden bzw. wie steht ihr zu der teilweise schlechten Reputation von Pop-Musik, der häufig gerade aus den Indie-Kreisen vorgeworfen wird, zu glatt und auf Konsum getrimmt zu sein?
Das Ding ist, dass es zwei Seiten von Pop-Musik gibt, sie aber beide unter dem Begriff „Pop“ laufen. Für uns gibt es auch ganz fürchterliche Pop-Musik, der man anhört, dass sie nur dafür gemacht ist, wie ein Laib Brot an den Mann gebracht zu werden. Dann gibt es aber noch die andere Seite, auf der wir uns sehen, die Pop-Musik aus Überzeugung macht, weil man genau diese Musik machen will. Wir machen seit eh her die Musik, auf die wir Lust haben. Wir können nicht kontrollieren, in welche Schublade wir dann gesteckt werden, aber wir können garantieren, dass das zu 100% wir sind.
– Was macht für euch einen guten Pop-Song aus?
Für uns ist ein großer Popsong die Kunst, eine Produktion mit sehr viel Liebe zum Detail und Herzblut auf der einen Seite mitreißend klingen zu lassen, aber auf der anderen auch so schlüssig, dass man nie in Frage stellen würde, ob man ihn auch hätte anders machen können.
– Welcher ist euer All-Time Pop-Song-Favorit?
Das ist schwierig. Ich glaube, da hat jeder von uns einen anderen. Mir persönlich fällt da spontan „Wish You Were Here“ von Pink Floyd ein, weil er, wie viele andere Songs von ihnen, einen gelungenen Konventionsbruch zu üblichen Pop- Songs hat: Den Refrain nur einmal bringen, so dass man den Song immer und immer wieder hören kann und er so einem nie auf die Nerven gehen könnte.
– Wie arbeitet ihr normal an euren Songs?
Max ist der Songwriter bei uns in der Band, er sammelt diverse Ideen an, die wir dann im Proberaum zusammen fertig machen, sowohl von den Texten als auch vom Arrangement her.
– Was inspiriert euch zu euren Lyrics? In welchen Situationen schreibt ihr an Songs?
Textlich werden wir eigentlich von allem beeinflusst, was mit uns und um uns herum passiert. Wir arbeiten es aber dann textlich so abstrakt ein, dass sich trotzdem jeder Hörer seine eigene Bedeutung aus den Lyrics ziehen kann. Den Zeitpunkt des Song-Writings kann man eh nicht kontrollieren, meistens kommen die guten Ideen, wenn man sie am wenigsten erwartet!
– Wie, wo und wie lange fand die Produktion von ‘Yearbook’ statt? Was war der beste, was der schlimmste Moment während der Aufnahme?
Die konkreten Aufnahmen haben anderthalb Jahre gedauert, von Januar `09 bis August `10. Wenn man aber die Zeit des Song-Writings hinzunimmt und das Mischen, Mastern, etc., hat sich das ganze über stolze vier Jahre gezogen. Das war in der Länge natürlich nicht angedacht. Wie vorher schon erwähnt mussten wir erst zu unserem Sound finden, diverse Demo-Aufnahmen haben nicht so geklappt, wie sich die Beteiligten das vorgestellt haben. Erst als wir Oliver Zülch trafen, der mittlerweile ein toller Freund der Band geworden ist, hatten wir sowohl den richtigen Sound als auch den richtigen Produzenten gefunden. Den größten Teil des Albums haben wir in den Mohrmann-Studios in Bochum aufgenommen, in 5 Sessions à 10 Tage. Das war ganz ehrlich die tollste Zeit mit der Band bisher. Es war nicht nur ein Studio, sondern gleichzeitig auch ein Wohnhaus mit toller Ausstattung. Immer wenn wir da waren, hat es sich super angefühlt, was die ganze Atmosphäre angeht. Wir vermissen das „Mohrmann“ schon sehr. Der beste Moment im Studio war für mich, als wir einen tot-geglaubten Song, Chicago, dank Oli, vom Arrangement so drastisch umgeändert haben, dass er zur besten Produktion der Platte wurde, meines Erachtens. Der schlimmste Moment war, als wir einmal eine der 10-Tage-Sessions beginnen wollten, ins Studio kamen, natürlich komplett mit Equipment, Klamotten, Essen etc., und die Software von Olis PC solche Probleme machte, dass wir die Session verschieben mussten und die Vorfreunde auf‘s Studio umsonst war.
– ‘I Should Be Loved’ ist unser Lieblingssong auf dem Album – könnt ihr erzählen worum es darin geht, wie der Song entstand bzw. ob es eine Geschichte dahinter gibt?
Ironischerweise ist die Ur-Form des Songs, damals noch in Doubletime gespielt und mit dem Namen „Now or Later“, der Song, der das Plattenlabel zu der Mail an uns bewegt hat. In dem Song geht es darum, dass zwei Menschen, die sich auseinander gelebt haben, wieder zueinander finden, aber eine endgültige Sicherheit nicht finden können.
– Was sind eure nächsten Pläne?
Wir spielen jetzt im Sommer noch ein paar Festivals und im Herbst gibt es dann eine kleine Club-Tour von uns. Danach möchten wir schon die Aufnahmen für das zweite Album beginnen, in der Hoffnung, dass es nicht wieder vier Jahre dauern wird!
– Was nervt euch als deutsche Band an Deutschland?
Uns fehlt hier ein bisschen der Mut, alternativeren Pop, bzw. allgemein neue, nicht totgespielte Musik, dem Mainstream zugänglich zu machen. Man sieht ja an den USA und auch England, wie das da klappt. In den USA sind Bon Iver und Death Cab For Cutie – nur mal zwei Beispiele von vielen – schon längst ganz große Nummern, zurecht natürlich. Hier in Deutschland sind sie jedoch immer noch vergleichsweise unbekannt, zumindest wenn man von Mainstream redet. Es liegt auf keinen Fall an den Leuten in Deutschland, die haben einen breitgefächerten Geschmack, sondern eher an den Labels, die sich scheinbar nicht trauen, das Musik-Niveau im deutschen Format-Radio nach oben zu kurbeln. Stattdessen wird man hier mit einer Autotune-Bombe nach der nächsten zugedröhnt. Schade. Die gibt’s natürlich in den USA, etc. auch, aber da gibt’s noch mehr Alternativen im Mainstream.
– Was macht ihr, wenn ihr nicht gerade Musik macht?
Wir versuchen über Nebenjobs das fehlende Geld zu verdienen, um über die Runden zu kommen. Wir verdienen mit der Band noch nicht genug, um davon leben zu können, das ist und bleibt natürlich der große Traum.
– Das haben wir 2011 gelernt?
Puh. Vielleicht: WM im eigenen Land garantiert kein erfolgreiches Abschneiden?
– Eure Top 3 Alben aus 2011 bisher?
Da kann ich wieder nur für mich sprechen. Ich würde hier die aktuellen Releases von Bon Iver und Death Cab For Cutie nennen und noch „Congratulations“ von MGMT. Das ist zwar bereits 2010 erschienen, habe ich mir aber erst dieses Jahr gekauft und es ist ein großartiges, rundes Album.
– Welcher Song passt zu eurer aktuellen Stimmung?
„Welcome Home“ von Radical Face hat es mir persönlich sehr angetan. Schade, dass der Song erst 2007 rausgekommen ist, Zach Braff hätte ihn sicherlich perfekt in „Garden State“ integrieren können, wobei die Nikon-Werbung natürlich auch nicht schlecht ist.
– Wie würde eure persönliche “Bedroomdisco” aussehen?
Puh. Ein Zimmer mit Riesen-Matratze als Boden? Dann aber ohne Schuhe tanzen, bitte!
– Wer hat den Fragenkatalog ausgefüllt?
Max Landwehrjohann. Vielen Dank für die interessanten Fragen!