GIRLS – Father, Son, Holy Ghost

Girls - Father, Son, Holy Ghost Kritik

Cause there’s something that I get from myself
And there’s something that you give to me
Well, I got one without the other
Well it’s not enough to be – I need your love

(Girls – Vomit)

Die beiden liebenswert kauzigen Kalifornier Christopher Owens und Chet White sind zurück und veröffentlichen unter ihrem Band Pseudonym Girls ein zweites Album namens ‘Father, Son, Holy Ghost’. Ein Name wie ein Peitschenhieb, ein verbaler Schlag ins Gesicht. Und das ist gut so, denn dieses Mal soll alles anders werden: Nicht die Sekten-Vergangenheit des Sängers, der Drogenkonsum, die Prostitution seiner Mutter oder die Obdachlosigkeit sollen im Vordergrund stehen. Es soll nur um die Musik gehen und die Liebe der Girls zu ihr.

‘Father, Son, Holy Ghost’ ist, wie ‘Album’ schon, ein Ritt durch die musikalische Zitathölle. Girls lassen sich gerne inspirieren und machen aus ihren Vorbildern und musikalischen Vorlieben keinen Hehl: Buddy Holly, die Beach Boys und Black Sabbath dienen als Inspiration, an jeder Ecke blitzt ein anderes musikalisches Genre auf. 80er Metal, klassischer 70s Rock, moderner Indie und unzählige weitere Spielarten der Rockmusik treffen auf ‘Father, Son, Holy Ghost’ aufeinander und verstehen sich prächtig. Der Song ‘Die’ huldigt Deep Purples ‘Highway Star’ mit einer Melodie, die sich vom Original nur in Nuancen unterscheidet. ‘Look Like a River’ hat die selbe Vers Struktur, Akkordwechsel und Piano Arrangements, wie ‘Oh! Darling’ der Beatles. Alle Kompositionen setzen sich aus klassischen Instrumenten zusammen: Schwirrende Orgeln, säuselnde Flöten, knackende Schlagzeugparts und natürlich Gitarren werden exakt dort eingesetzt, wo man sie erwartet. Durch die sehr unterschiedlichen Einflüsse in den einzelnen Songs kommt trotzdem keine Langeweile auf. Unterstützt werden die Aufnahmen durch Doug Broehms Produktion, der mit dem Girls Longplayer eines der am besten klingenden Rock-Alben des bisherigen Jahres abliefert, einfach weil alles verdammt gut klingt. Und überhaupt: Authentizität ist ein großer Pluspunkt von ‘Father, Son, Holy Ghost’. Zu keiner Zeit hört sich ein Song aufgesetzt an, selbst der Einsatz eines Gospelchores auf dem mitreißend schnulzigen ‘My Ma’ fühlt sich irgendwie richtig an. Auf diesen Pfaden wandelt auch die frühe Single ‘Vomit’, ein epischer Track, der eine unverschämt soulvolle Orgel und eben die aus ‘My Ma’ bekannten klagenden Gospelelemente in einander flechtet. ‘Vomit’ ist bombastisch, doch da Owens verletzliche Stimme klar im Mittelpunkt steht, bekommt der Song eine persönliche, sogar intime Stimmung.

‘Father, Son, Holy Ghost’ trifft allerhand, erstmals absurde, musikalische Entscheidungen und schafft es trotzdem immer wieder ins Schwarze zu treffen. Girls bleiben immer handfest und werden trotzdem niemals vollständig greifbar. Verspulte Ideen wachsen zu einem emotionalem und konkretem Ganzem heran, dass den Zeitgeist der 60er und 70er verinnerlicht hat und erweitert es um den Gedanken neumodischer Popströmungen. Heraus kommt ein, in seinen besten Momenten, zeitloses Zitatwerk, das sich ehrlicher und erwachsener anfühlt, als der Vorgänger. ‘Father, Son, Holy Ghost’ knüpft nahtlos an ‘Album’ an und schafft es trotzdem die Spielweise und Fähigkeiten der beiden Front-Girls weiterzuentwickeln und auszubauen. Simple Popsongs sind passé, hier regieren große Gesten.

Girls – Father, Son, Holy Ghost
VÖ: 9. September 2011 (Pias UK/ Rough Trade)
http://www.myspace.com/girls

 

Fred

Fred ist 32 Jahre, wohnt in der Pop-City Damstadt und mag Hunde, Pizza und Musik.

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