Junge deutsche Bands kennenzulernen kann so schön sein und so viel Spaß machen – neustes Beispiel: das Duo Freakish Atlantic aus Berlin, auf das wir in einer willkürlichen Bandcamp-Wilder-Aktion stießen und das zufällig just in der Zeit, als ihre Debüt-EP ‘Siren Songs‘ bei uns hoch und runter rotierte, via Mail auf sich aufmerksam machen wollte. Das war dann schon mal nicht mehr nötig, jedoch wünschten wir uns mehr Informationen, sind wir doch immer neugierig bei Projekten, die uns gut gefallen bzw. die so wenig Informationen von sich Preis geben. Damit ist jetzt Schluss – alle Leichen im Keller von Marius Gutowski und Florian Sekular gibt es jetzt und hier im Bedroomdisco Interview präsentiert!
1.) Steckbrief:
– Name: Freakish Atlantic
– Bandmitglieder (Namen): Florian und Marius
– Gründungsjahr: 2011
– Standort: Berlin
– aktuelles Album: »Siren Songs«
2.) Fragenkatalog:
– Wie habt ihr angefangen Musik zu machen? Was war der Grund für euch ein Instrument zu lernen oder wurdet ihr von den Eltern gezwungen?
Marius: Mein Vater hat versucht mir das Gitarre spielen beizubringen, als ich 12 war und ist grandios gescheitert. Erst mit der Pubertät habe ich mich ernsthaft für Musik interessiert. Meine Eltern haben dann ein paar Jahre großzügig Unterricht spendiert. Und ich habe ihnen durch mein Mitwirken in einer Emocore-Band auf unerfindliche Art und Weise eine Freude gemacht.
Florian: Ich bin da eher Autodidakt und hab mir das Musizieren mit 17 anhand von YouTube-Videos und schlechter Literatur beigebracht. Das hat bei mir dann ein wenig länger gedauert und verlangt eine Menge Disziplin, die ich sonst nur für sehr wenige Dinge aufbringen kann.
– Wie habt ihr euch das erst mal getroffen bzw. wie kam es zur Bandengründung?
Marius: Wir haben uns im Studium kennengelernt und obwohl wir wussten, dass wir beide Musik machen, haben wir uns erst im letzten Semester mal zusammengesetzt. Das war eigentlich eine bierselige Idee, dass wir uns gefragt haben: “Warum haben wir eigentlich nie zusammen Musik gemacht?”
Florian: Marius kam mit einer Songidee vorbei und wir haben ziemlich schnell gemerkt, dass das funktionieren könnte. Zwei Wochen später war dann der “Siren Song” fertig.
– In welcher Situation kamt ihr auf den Namen ‘Freakish Atlantic’, welche Bedeutung hat er für euch, warum habt ihr ihn ausgewählt?
Florian: Der Name ist ein Zitat aus dem Gedicht “Daddy” von Sylvia Plath. Ein Teil der EP dreht sich thematisch um Sie als Person.
Marius: Von daher war es logisch auch einen Bandnamen mit Bezug zu ihr zu wählen. Auch wenn der ein bisschen aus der Not geboren war. Bis zur Fertigstellung von “Siren Songs” haben wir uns mit der Namensfindung ziemlich schwer getan.
– Welche musikalischen Einflüsse habt ihr?
Marius: Wir kommen eigentlich aus recht verschiedenen Ecken. Ich habe früher ziemlich viel seichten Indie-Pop und Singer/Songwriter-Kram gehört.
Florian: Bei mir rotierte eine Menge von dem, wo auf möglichst viele Effekte getreten wurde. Also in erster Linie Shoegaze und Postrock-Sachen. Mittlerweile haben wir uns da eigentlich ganz gut angeglichen und teilen eine gemeinsame Liebe für Bands wie Wild Beasts, The National und Deerhunter.
– Wie arbeitet ihr normal an euren Songs?
Florian: Meistens kommt Marius mit einem groben Konzept auf der Gitarre vorbei, wir nehmen das dann auf und überlegen zusammen, wie man das zu einem Song ausbauen könnte. Der Aufnahmeprozess ist auch gleichzeitig Songwritingprozess. Wenn wir eine Idee haben, nehmen wir die auf. Auch wenn wir zwei Tage später nicht mehr wissen, wie wir das eigentlich gespielt haben.
Marius: Ich nehm das Ergebnis dann mit nach Hause und versuch auf das Instrumental einen Text zu schreiben. Das Ganze ist ein bisschen so wie mit Lego spielen bei uns. Wir setzen Baustein auf Baustein und gucken, was passen könnte.
– Was inspiriert euch zu euren Lyrics? In welchen Situationen schreibt ihr an Songs?
Marius: Auch wenn es ein mieses Klischee ist, fallen mir Textideen überall ein. Das können einzelne Sätze sein, die mir morgens in der Bahn kommen und die ich dann hektisch in mein Handy tippe. Wenn mir das am nächsten Tag noch gefällt, versuche ich einen ganzen Text darum zu stricken. Was das Songwriting angeht klimper ich meist zu Hause auf der Gitarre rum, bis mir eine Idee kommt, die ich interessant genug finde um sie Flo vorzuspielen.
– Wie, wo und wie lange fand die Produktion von ‘Siren Songs’ statt? Was war der beste, was der schlimmste Moment während der Aufnahme? Was ist die meist erzählteste Anekdote?
Marius: Wir haben die ganze EP innerhalb von 4 Monaten in Bonn geschrieben und in Flos WG-Zimmer aufgenommen. Und dabei eine Menge Kratzeis gegessen.
Florian: Der beste und schlimmste Moment war eigentlich der gleiche. Wir hatten die Songs fertiggestellt und mussten die in einer Nacht mastern und hochladen, weil Marius am nächsten Morgen nach Berlin gezogen ist und ich erst zwei Monate später nachkommen konnte. Schlimm war auch, als es nur noch zweimal Kratzeis Zitrone gab.
– Ihr habt ‘Siren Songs’ komplett in Eigenregie aufgenommen und gemischt, woher hattet ihr die Kenntnisse, wie kann man sich Vorstellen, wie ihr an den Songs gearbeitet habt?
Marius: Wir hatten eigentlich gar keine Vorkenntnisse. Flo hat sich in die ganze Materie eingelesen und wir haben einfach geguckt, was sich für uns gut anhörte.
Florian: Das war teilweise ein bisschen zermürbend. Eigentlich weiß ich bis heute nicht, was ich da genau gemacht habe.
– ‘Esther’ ist unser Lieblingssong auf ‘Siren Songs’ – könnt ihr erzählen worum es darin geht, wie der Song entstand bzw. ob es eine Geschichte dahinter gibt?
Marius: Die musikalische Grundidee dazu kam mir im vergangenen Winter, als ich ein halbes Jahr in Prag gewohnt habe. Esther ist die Hauptfigur in Sylvia Plaths einzigem Roman, “The Bell Jar”. Ein deprimiertes wie faszinierendes Mädchen, das unbedingt einen Song verdient hat.
– In der Info auf eurer Facebook-Seite steht, dass ‘Siren Songs’ während dem regnerischen Sommer 2011 entstand und ihr während dieser Zeit zumeist Super Nintendo gezockt habt: Entstand ‘Siren Songs’ also nur aus Langeweile bzw. wer von euch beiden ist der bessere ‘Superstar Soccer’-Spieler?
Florian: Eher andersrum. Das Zocken haben wir nur in den Pausen gemacht, wenn wir gerade mal nicht weiter kamen und den Kopf frei bekommen wollten, um zu den Songs Abstand zu gewinnen. Dummerweise gingen bei den Spielen oft mehr Nerven drauf, als beim Aufnehmen.
Marius: Flo ist ein richtiger Treter. In den meisten Spielen ging er nicht mit elf Mann vom Feld. Gewonnen hat er komischerweise trotzdem meistens.
– Jetzt wo ihr nach Berlin gezogen seid und wohl mehr Ablenkung haben werdet – wie sehen eure weiteren Pläne für Freakish Atlantic aus?
Florian: Als erstes wollen wir versuchen so häufig wie möglich live zu spielen und dann weiter Songs zu schreiben. Die kommen dann hoffentlich irgendwann auf das erste richtige Album.
– Was nervt euch als deutsche Band an Deutschland?
Florian: Jörg Pilawa und die Warschauer Straße. Und vielleicht, dass guter Musik in Deutschland noch etwas die mediale Aufmerksamkeit fehlt.
Marius: Es gibt ne Menge gute deutsche Bands in den Weiten des Internets. Wir würden uns wünschen, dass diese mehr gefördert werden.
– Was macht ihr, wenn ihr nicht gerade Musik macht?
Kratzeis essen.
– Das haben wir 2011 gelernt?
Feier was du liebst.
– Eure Top 3 Alben aus 2011 bisher? Warum?
Bon Iver – Bon Iver, Bon Iver, weil es die richtige Portion Pathos hat
Wild Beasts – Smother dramatisch, rhytmisch, gut
Fleet Foxes – Helplesness Blues, weil Nihilismus noch nie so harmonisch klang
– Welcher Song passt zu eurer aktuellen Stimmung?
Hazy Mountains – Regret // Hazy Mountains ist das Projekt von Julian Prott, der eigentlich bei Shoreline, Is Gitarre spielt. Regret ist ein wunderbar epischer Song, der ganz ohne Vocals auskommt. Der ist trotzdem so toll, dass man eine Badewanne damit vollmachen und sich gepflegt reinsetzen möchte.
– Welcher Song bringt euch jedes Mal wieder zum Tanzen?
LCD Soundsystem – All my friends. Leider nie live gesehen, leider nie wieder möglich.
– Wie würde eure persönliche “Bedroomdisco” aussehen?
Wir brauchen ein Bällebad, Gin Tonic und Mila Kunis. Der Rest ist egal.
– Wer hat den Fragenkatalog ausgefüllt?
Marius und Florian