Wenn Künstler auf Welttournee kommen darf man sich immer freuen, wenn sie den Weg nach Deutschland und vor allem auch ins Rhein-Main-Gebiet finden. Patrick Wolf, der seit März diesen Jahres auf Megatournee ist, hat ihn gefunden: Mit seinem Album “Lupercalia” bespielte er die großen Konzerthallen und Festivals. Noch vor zwei Jahren stand der Londoner an einem Sonntag-Nachmittag beim Melt! Festival auf der Bühne – nicht gerade die Primetime. Entsprechend wenig war zunächst vor der Bühne los. Das änderte sich im Laufe des Auftritts, denn schon damals hat Patrick Wolf die Menge in seinen Bann gezogen.
So wie auch jetzt im Heidelberger Karlstorbahnhof am 23.11.11.
Mit einem theatralischen Auftritt, eindrucksvoller Bühnendeko, auffälligen Outfits und großen Gesten, die an die Divas der 90er erinnern, hat er von Anfang an die volle Aufmerksamkeit des Publikums. Eine Riesen-Show mit Gänsehaut-Garantie, von der ersten Minute an. Während der Songs schwebt Patrick Wolf in anderen Sphären und ist in seiner Welt, das merkt man. Umso sympathischer, dass man in den Pausen dazwischen ein bisschen was über ihn erfährt. Zum Beispiel, dass er sich auf dem Heidelberger Weihnachtsmarkt die Tasse mit seinem Namen gekauft hat, als Erinnerung. Weil er schon mal da war und die Stadt so toll fand. So wirkt er wie der nette Junge von Nebenan. Und dann geht das große Kino weiter. Mal elektronisch und wild mit Strobo und grellen Scheinwerfern, mal an der Harfe oder a cappella mit heimeligem Licht und dem ausgeleuchteten Haus, dass auf der Bühne aufgebaut ist à la „Only love makes house a home“. Dieses Auf und Ab der Gefühle wird im praktischen Sinne von dem vermutlich meist beschäftigten Stage-Hand der Welt ermöglicht: Denn Herr Wolf lässt es sich trotz der fünf hervorragenden Musiker, die mit ihm auf der Bühne stehen, nicht nehmen, selbst ständig zu neuen Instrumenten zu greifen. Also werden Stühle gestellt, Mikrofonständer gerückt und besagte Instrumente hin und her gereicht – nichts bleibt dem Zufall überlassen, denn es scheint, als wüsste Patrick Wolf, was er wollte. Und doch ist nicht nur er der Mittelpunkt des Geschehens, denn er zeigt auch immer wieder, dass er seine Band wertschätzt: Indem er seine Violinistin oder Saxophonistin ins Rampenlicht holt oder seine Musiker am Ende des Konzerts vorstellt und in den Mittelpunkt rückt – ob sie wollen oder nicht, sie bekommen ihren Applaus.
Es kann zusammengefasst werden: 90 Minuten hochwertiger Musik und großer Gefühle, von denen man keine Sekunde hätte verpassen wollen. Ein unglaublich authentischer Künstler, der auch nach diversen Kostümwechseln am Ende weder in einem Falkenhemd noch im Pailetten-Oberteil auch nur ein Stück lächerlich wirkt. Weil einfach alles passt.
Ein tolles Konzert, bei dem man nicht einmal vom über-euphorisch tanzend-hüpfenden Off-Beat-Klatscher genervt sein kann – weil man sich (zumindest innerlich) genauso freut.
– Danke an Jennifer P. für die Mithilfe am Nachbericht –