Wenn man will, dass es ein guter Tag wird, sollte man nicht als Erstes am Morgen RADIOHEAD hören.
(David Schumann – The Tokyo Diaries)
2005 will uns ein bekannter Limonaden Hersteller weiß machen, dass man nur durch Konsum eben seiner Marke ein Lebensgefühl erfahren kann, was mit “Bamboocha” beschrieben wird und übersetzt so viel heißt wie “Iss das Leben mit dem großen Löffel!“.
Im selben Jahr begibt sich der Japanologiestudent, Punkrock-Fan und Musiker David Schumann für einen einjährigen Auslandsaufenthalt in die Haupstadt Japans, um Kultur und Sprache zu studieren. Dabei stellt er (auch wenn man es schon vermutet hat) unter Beweis: Bamboocha bekommt man auch mit Bier gut auf die Reihe!
Eigentlich schreibt David seine ‘Tokyo Diaries‘ nur, um nicht von seinen Freunden in Köln vergessen zu werden, dass dabei eine kometenhafte Modellkarriere dokumentiert wird, hätte der damals fast Dreißigjährige sich selbst nie träumen lassen. Doch anfangs läuft es alles andere als rund. Seine Gastfamilie könnte man nach europäischen Maßstäben als soziopatisch beschreiben, an der Uni wird man als Ausländer ausgegrenzt, das Geld reicht hinten und vorne nicht und bei den japanischen Mädchen will sich auch kein Erfolg einstellen. Bis er plötzlich zufällig auf der Straße angesprochen wird – der Beginn eines American Dream in Japan.
Allerdings erzählt das Tagebuch nicht nur diese Geschichte, vielmehr geht es auch und vor allem um die Probleme eines jungen Mannes in einer fremden Kultur. Die Probleme sind dabei hauptsächlich, die mit dem weiblichen Geschlecht und der Einsamkeit, denn in die tokyoter Jugendkultur lebt sich Schumann schnell ein. Er feiert exzessiv, singt bei jeder sich bietenden Gelegenheit Karaoke und gründet eine eigene Band. Alles fügt sich als Davids Gesicht die ersten Cover der japanischen Modemagazine schmückt. Absofort bleibt auch der Erfolg bei den Damen nicht mehr aus. Von dieses Erlebnissen berichten die Tagebuchaufzeichnungen genauso unverblümt und detailliert, wie von einer Depression, die das Nachwuchsmodel überkommt und seinen fast täglichen Saufeskapaden. Ganz nebenbei werden auch wichtige popkulturelle Ereignisse archiviert, von den musikalischen Neuerscheiningen der Punkrock-Szene bishin zu Bundesliga und der Fußball-WM 2006. Aus einem werden zwei Jahre und die berichtenswerten Ereignisse werden immer mehr.
Das Format des Tagebuchs verfehlt dabei nicht seinen Zweck und der Eindruck der Authentizität ist groß. Manchmal überkommen den Leser jedoch Zweifel, wie es überhaupt möglich ist, dass man sich bei dieser Menge an Alkohol überhaupt noch irgendetwas merken kann, um es später zu Papier zu bringen. Andererseits führen genau diese Ausschweifungen zu den unzähligen lustigen Anekdoten, die Schumann grandios zu erzählen weiß und die es fast unmöglich machen, das Buch aus der Hand zu legen. Man kann das Buch getrost jedem empfehlen, auch ohne ein ausgeprägtes Interesse an Japan.
The Tokyo Diaries von David Schumann
300 Seiten, broschiert oder als Taschenbuch erhältlich
ISBN: 978-3941376014 // 978-3404600076
Rockbuch, 12. März 2009 // Bastei-Lübbe, 20. Mai 2011
16,99 € // 8,99 €