Der schottische Schriftsteller John Niven eckt gerne an und so wendet er sich, nachdem er zuletzt in ‘Kill Your Friends‘ seine Version des ‘American Psycho‘ auf die britische Musikindustrie losließ und in ‘Coma‘ ein Bruderpaar auf seine spezielle Art aufeinandertreffen ließ, einer neuen Spielwiese zu: Der Religion bzw. der Religionssatire. Denn nichts anderes als Gott und die Welt wird in John Nivens neustem Roman ‘Gott bewahre‘ durch den Kakao gezogen.
Gott hatte sich eine Pause verdient, doch, dass die Menschen nach seinem einwöchigem Urlaub (was 450 Erden-Jahren entspricht) vom Himmel-Tagesgeschäft die Erde dermaßen gegen die Wand gefahren haben, hätte sich selbst der Allmächtige nicht träumen lassen. Überall wo man hinsieht Zerstörung, Umweltverschmutzung, Krieg, moralischer Verfall, kirchliche Hassprediger, skrupellose Kommerzialisierung – um es kurz zu machen, der Platz in der Hölle wird knapp. Es ist Zeit für eine drastische Maßnahme und so schickt Gott seinen Sohn Jesus Christus zurück zur Erde, um das einzig wahre Gebot zu predigen: Seid Lieb!
Unter den sterblichen angekommen, merkt Jesus aber schnell, dass ihm ein rauer Wind entgegen weht. Überall, wo er auftaucht und die ‘Christen’ belehrt oder sich als Sohn Gottes vorstellt, wird ihm nur Spott, Verachtung oder gar Gewalt entgegen gebracht. Ein neuer Plan muss her, um sich Gehör zu verschaffen und so nimmt der filigrane Gitarrenspieler als letzten Ausweg an der TV-Casting Show ‘American Pop Star’ teil. Doch ob ihm die öffentliche Aufmerksamkeit alleine die Möglichkeit gibt, die Schäfchen ins Trockene zu bringen und den vernichtenden Kurs der Menschheit zu ändern?
John Niven kennt kein Tabu und nimmt niemals ein Blatt vor den Mund. So ist Gott ein angelnder und Jesus ein zumeist fauler, dafür aber musikalisch sehr talentierter Kiffer. Beide benutzen gerne mal Kraftausdrücke, um die missliche Situation der Menschheit auf den Punkt zu bringen. Dennoch hat man das Gefühl, dass Niven bei ‘Gott bewahre’ eine Stufe harmloser agiert als zuvor, dafür jedoch die volle Bandbreite der Religionssatire ausreizt und sich auf sein Steckenpferd konzentriert: schwarzhumorige Dialoge und Situationen. Vielleicht hat er sich ja auch einfach die Grundaussage seines eigenen Buches zu Herzen genommen – Seid lieb!
Gott bewahre von John Niven
400 Seiten, Gebundene Ausgabe
ISBN: 978-3453675971
Heyne Hardcore, 22. August 2011 (1. Auflage)
19,99 €
httpvh://www.youtube.com/watch?v=4V2V_BSrcVY