Wer kennt ihn nicht, den Hipster? Er ist eine der dominantesten Figuren in den Straße jeder größeren Stadt. Doch eigentlich kennt ihn auch niemand, denn keiner ist ein Hipster. So widersprüchlich wie eine dieser Generalthesen ist die Figur des Hipsters wahrscheinlich auch.
Der bei Suhrkamp erschienene Band versammelt eine Reihe von Aufsätzen, die sich aus verschiedensten Richtungen dem Kulturphänomen nähern. Er ist die Übersetzung des 2010 erschienenen Buchs “What Was The Hipster” und das Ergebnis eine 2009 gehaltenen und vom n+1 Magazin – unter der Leitung des linksintellektuellen Stars Mark Greif – veranstalteten Tagung in New York. Für die deutsche Ausgabe sind obendrein einschlägige Meinungen von Thomas Meinecke, Eckhard Schumacher, Tobias Rapp und Jens-Christian Rabe eingeholt worden, weshalb der Titel in die Gegenwart gesetzt worden ist und im Untertitel ‘Eine transatlantische Diskussion‘ heißt.
Die Herausforderung, der sich das Buch stellt, ist die Untersuchung eines kulturellen Phänomens, während es noch existiert. Dieses Vorhaben stellt sich als nicht unproblematisch heraus, denn der Hipster ist nicht nur schwer zu definieren, sondern auch eine sich schnell (ver)wandelnde Gestalt. Zwar fallen jedem sofort einige gänginge Accessoires ein (siehe Hipster-Bingo), an denen man den Hipster erkennt, wenn man ihn sieht (Dayna Tortorici), doch für eine trennscharfe Charakteristik reicht das nicht aus und so müssen letztlich alle Definitionen vorläufig bleiben, nicht zuletzt auch, weil jedes Urbane Milieu seine eigene Ausprägung hervorbringt. Deshalb wird ein anfänglicher Versuch den Hipsterbegriff einzugrenzen zum Anlass genommen, um ihn wieder zu verwerfen und ihn stattdessen hinstorisch zurück zuverfolgen bis zum Beginn des 20. Jahrhundert.
Weiterhin werden die Zusammenhänge zwischen der Figur des Hipsters und dem immer mehr in den Fokus geratenden Problem der Gentrifizierung beleuchtet, der Frage nachgegangen, ob es den weiblichen Hipster gibt und untersucht warum dem Hipster immer mehr mit Hass begegnet wird. Die deutschen Beiträge befassen sich u.a. mit dem natürlichen Feind des Hipsters, den Tobias im Touristen sieht, denn da wo der Tourist auftaucht, wird dem Hipster sein Abgrenzungskriterium – das Geheimwissen – entzogen. Und am Ende kritisiert Jens-Christin Rabe noch einmal das gesamte Buch selbst, indem er die erschreckend unironische Ironie der Beiträge kritisiert, aber vielleicht übersieht er dabei, dass die Autoren doch meistens vor allem über sich selbst schreiben.
Wenn das Buch auch keine Ergebnisse im engeren Sinn liefern kann, umkreist es doch sein Phänomen in äußerst unterhaltsamer Weise.
Mark Greif (Hg.): Hipster – Eine transatlantische Diskussion
208 Seiten, Taschenbuch
ISBN: 978-3518061732
Suhrkamp Verlag, 23. Januar 2012 (deutsche Erstausgabe)
18,00 €