I’m feelin’ electric tonight
cruising down the coast goin’ ’bout 99
got my bad baby by my heavenly side
I know if I go, I’ll die happy tonight
(Lana Del Rey – Summertime Sadness)
Wie die junge Dame Lana Del Rey, die gerade die Musik- und Bloggerwelt aufmischt, gleichermaßen bejubelt und zerrissen wird. Erst alle schön Beifall geklatscht während der Veröffentlichung von ‘Video Games‘, Platz Eins der deutschen Charts, DIE neue Entdeckung überhaupt bla bla. Jetzt: Spott, Ironie, ja sogar Aussagen wie “die kann gar nichts“. Schöne Popindustrie. Und alle wissens immer besser.
Okay bei Universal einen Vertrag zu bekommen – nicht einfach: da sind Strategen, Marketingexperten, vermitteln den Anschein, dass Lana Del Rey ein Newcomer ist, bewahren den schönen Schein und bauen den jungen Künstlern von Grund auf ein hübsches Images auf. Trotzdem steht Lana Del Rey alleine auf der Bühne. Sie muss singen, nicht ihr Producer, nicht ihr Manager. Und dann kommt ein mieser – zugegeben ein richtig mieser – Auftritt bei Saturday Night Life und schon geht die Jagd los. Bleibt mir nur die Frage zu stellen, ob sich jemand schon mal ein anderes Live-Video angeschaut hat? Wohlmöglich nicht, denn die persönliche Meinung zu Künstlern steht und fällt mit den einflussreicheren Meinungen Anderer.
Wenn man dann doch mal Zeit hat, sich von Internet, Fernsehen und Zeitungen loszureissen und einfach mal ihr Album ‘Born To Die‘ hört, merkt man nämlich nicht unbedingt Major Label Kalkül, geschminkte Super-Diven Popnummern und Publicity. Man hört ein Mädchen, dass so tut als ob sie aus dem White Trash Milieu stammt und einfach ihre gefühlvollen Lieder singt. Dabei ist sie so charmant und vielfältig, wie man es kaum erwartet hätte. ‘Video Games’ ist natürlich der Hit schlecht hin. Aber auch ‘Born To Die‘, ‘Off To The Races‘, ‘Diet Mountain Dew‘, ‘This Is What Makes Us Girls‘ oder ‘Million Dollar Man‘ sind stilistisch so unterschiedlich, dass es schwerfällt dieser Musik nur eine Künstlerin zuzuordnen – auf einem einzigen Album. Ob 50er Jahre Charme, Hip-Hop Elemente oder eine Popballade, alles gepaart mit einer Portion Verführung in der Stimme.
‘Born To Die’ hat alles was eine unterhaltungslüsterne Gesellschaft und der gelangweilte Musik-Nerd braucht. Dazu eine Frau, die mit Klitschées und ihrer Stimme spielt – immer zwischen süßem, aber geheimnisvollem Mädchen und halbwegs erwachsener Frau, die einfach schon zuviel erlebt hat.
Vielleicht brauchen wir einfach mal nicht eine super Entertainerin, die auf der Bühne rumspringt, hundert Choreographien einstudiert und sich mit jedem Album an den Trends orientiert. Vielleicht braucht es Lana Del Rey, die auch mal Fehler macht, die eingeschüchtert von all der Aufmerksamkeit sich erst in ihre Rolle einfinden muss, die ihre Vielfältigkeit ausleben darf. Ganz nebenbei arbeitet sie bei ihren aktuellen Musik-Videos mit Yoann Lemoine alias Woodkid zusammen und das lohnt sich anzusehen! Vielleicht kann man einfach mal einen Gang zurücktreten und ein Lied für gut oder schlecht bewerten ohne eine Welle der Verspottung und Stichelei loszutreten.
Lana Del Rey – Born To Die
VÖ: 27. Januar 2012, Vertigo Berlin (Universal)
www.lanadelrey.com
LANA DEL REY – Born to die from Yoann Lemoine on Vimeo.