Anker und Schnorres, das Arschgeweih der neuen Hipstergeneration?
Wenn auf einer Stil-Messe, an jedem zweiten Messestand wohlgemerkt, ähnliche Designs präsentiert werden, kann man ziemlich sicher sein, dass genau diese Accessoires und Symbole der modernen Urbanität, bei den Hipstern nicht mehr so hip sind wie noch zuvor. Ein Bilderbuchphänomen der Paradoxie von Hype und Style. Da ich keine waschechte Hipsterin bin, trage ich meine Anker-Ketten noch mit Stolz, solange bis dann auch hier (aufm Dorf soz.) jeder ein Anker T-Shirt, Schal mit kleinen Ankermotiven oder gar ein Anker-Tattoo hat. In bestimmten Szenen ist der Anker sowieso nie aus der Mode gewesen.
Ich sag nur ‚Casio Retro Collection’: Erst Silber, dann Gold, groß und klein, mit Solar und Taschenrechner, alles musste her und jetzt kann ich es nicht mehr sehn. Auf der verzweifelten Suche nach einer neuen Uhr und Veränderung habe ich dann bei Swatch zugegriffen. Hatte gehofft das ist ähnlich nerdig, doch die Uhr macht mich nur halb so glücklich wie meine Casio Retro Calculator Watch. Ähnlich läuft es mit Musik, mit ‚Elektro’ und vorher mit der Musik der berühmten Indie-Ära: Zuerst war Indie ziemlich hip und unkonventionell, dann wurde die Sau so richtig ausgeschlachtet. Gefühlte 300 „The“ Bands und Indiepartiereihen, plötzlich da, machten schon irgendwie ohnmächtig und gingen im Vergleich zum momentanen Dauerbrenner ‚Elektro’ schnell unter. Schredder[1]– und Rave[2]-Elektro oder Songs die zu 80 Prozent aus Built-Ups bestehen, sind ebenso nicht mehr zu ertragen, momentan aber noch bei den Massen beliebt. Die Tage, in denen ich mich nachts in Maschinenhallen wohler gefühlt habe als in Partylocations, sind gezählt. Bitte etwas unaufdringlicher und mit mehr Stil! Zur Zeit hole ich, aus ähnlichen Gründen, weshalb man in Parfümerien zwischendurch an Kaffeebohnen riecht, gerne die alten Indie Platten aus dem verstaubten Expedit. Trotz des damaligen Überdrusses richtig gute Musik! Wie mit der Uhr. Kommt die Erkenntnis, weiß man seine Casio, die an ein fast schon vergangenes Lebensgefühl erinnert, wieder zu schätzen.
Ich glaube es muss einem einmal so richtig zum Hals raus gehangen haben, man muss auf der Suche nach Neuem und Veränderung gewesen sein, damit man merkt, dass es eine zufrieden stellende Alternative gibt. In diesem Sinne überlassen wir den jungen Laptop DJs, guten Gewissens das überharte Elektro-Chambre.
Emma, let’s create something new! Jetzt ist die richtige Zeit für Entwicklung. Wir springen nicht zum ersten Mal, aus voller Fahrt, vom vermeintlich richtigen Zug ab.
Ihr lest Montagsgedanken- Tagebuch einer DJane. Mein Name ist Doris Vöglin.