How can one see oneself as more than what he is?
And how does one see oneself as less than what he was?
(Orcas – Arrow Drawn)
Langsam baut sich ein Song auf, es knistert und rauscht, ein Echolot scheint zu ertönen, bis nach einiger Zeit eine Akustik-Gitarre einsetzt, einige simple Töne von sich gibt und zwei Männerstimmen erklingen. ‘Pallor Cedes‘, der Opener des Debütalbums ‘Orcas‘ von Orcas klingt genau so und doch irgendwie ganz anders. Vielleicht ist es das komplette Fehlen der Taktgeber Schlagzeug und Bass, vielleicht auch nur die Seltenheit einer interessanten Platte, die an sich dem Ambient-Genre zugezählt werden kann – so oder so: ‘Orcas’ lässt sich schwer mit unseren normalen Hörgewohnheiten vereinbaren und geht doch so leicht ins Ohr, wie man es ansonsten nur von glatt-produzierten Pop-Alben gewöhnt ist.
Auch ‘Arrow Drawn‘ schwebt langsam im Raum, füllt ihn aus und treibt mit seinen Piano-Parts vor sich hin, nicht ohne einem etwas den Atem zu rauben. Dabei verschmelzen die Einflüsse und Stile des US-amerikanischen Duos, bestehend aus dem Singer-Songwriter Thomas Meluch alias Benoît Pioulard und dem postminimalistischen Komponisten Rafael Anton Irisarri, miteinander und könnten damit einen ähnlichen Einfluss auf das zuletzt nicht mehr wahrgenommene Genre der Ambient-Musik haben, wie die Veröffentlichung des Gold Panda-Albums zuletzt für den Electronica-Bereich.
Mehr Geräusch als Musik dröhnt ‘A Subtile Escape‘, wirkt musikalisch fast losgelöst vom eher konträren Gesang, der sich beruhigend über den Noise-Teppich legt, immer wieder durch ihn hindurch lugt und darin grenzenlos verschwimmt. ‘Until Then‘ wirkt dann wieder klassischer, erinnert entfernt an Werke von Ólafur Arnalds, mit seinen vereinzelten hintergründigen Samples, dem geruhsamen Klavier-Spiel und der begleitenden Akustik-Gitarre, die einen immer größeren Hall-Schatten in den akustischen Raum werfen, bis zur Mitte des Songs hin ein tiefes Brummen die friedliche Stimmung vertreibt, sich bedrohlich ausbreitet und am Höhepunkt ausklingt, um die letzten Klavier-Töne alleine wirken zu lassen. ‘Certain Abstractions‘ dröhnt dann wieder vor sich hin, während ‘I Saw My Echo‘ fast schon so etwas wie einen Beat besitzt und sich gegen Ende in Dream-Pop-Sphären entschwingt. Mit ‘High Fences‘ käut der letzte Song dann noch mal diverse Geräusche mehrfach wieder, um dann letztlich hinfort zu schweben.
Ein seltenes Glitzern im Ambient-Genre, das diverse Einflüsse absorbiert und mal mehr Geräusch, mal mehr Musik ist und dabei zumeist ohne Worte auskommt. So oder so besticht die Eleganz und die minimalistische Schönheit der Platte des Duos Orcas, sodass man sich gerne auf die Reise einlässt.
Orcas – Orcas
VÖ: 13. April 2012, Morr Music
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