I hope you noticed that I’m in love.
(Oberhofer – Gold)
Es scheint, als habe Brad Oberhofer alle Indie-Musik der letzten Jahre in sich aufgesogen, studiert, auseinander gefriemelt, umgedreht, neu formiert und schließlich lauter kleine, detailverliebte Feuerwerke komponiert. Das wäre an sich schon recht beachtlich. Da der Multiinstrumentalist aber alle seine Songs komplett selbst einspielt und seine drei Band-Jungs eigentlich nur dazu da sind, ihm bei Live-Auftritten zu assistieren, wird er von allen Seiten mit Lob überhäuft. Vielleicht auch, weil er klassisch ausgebildet ist, Musikkomposition an der New York University studiert und dabei erst 21 Jahre zählt.
Oberhofers Debüt-Album „Time Capsules II“ setzt sich aus zehn klangvollen Songs zusammen, die an sich einfach gestrickt sind, aber durch die große Instrumentierung fast schon einer Symphonie gleichkommen. Indie-typische Gitarrenriffs münden in akustischem Zupfen, Tamburine und March-Drums bestimmen den Rhythmus, Harfen bekrönen diverse Streichinstrumente und Glockenspiele produzieren Jahrmarkt-Klänge. Eine sehr tanzbare Nummer verlangsamt sich plötzlich, nur um kurz darauf das Tempo wieder straff anzuziehen. Jede kleine Ecke scheint von einem anderen Geistesblitz ausgefüllt zu sein, so voluminös ist der Oberhofer’sche Sound. Das Klavier, das in der Indie-Musik leider eher selten zum Einsatz kommt, hat bei der Band aus Brooklyn ein paar große Auftritte, die man so sonst nur von einem Ben Folds kennt. Gelegentlich ist hierbei auch eine Hammond-Orgel zu hören. Als Produzent wurde dem Newcomer übrigens ein alter Profi zur Seite gestellt: Steve Lillywhite, der auch schon mit U2, Peter Gabriel, Talking Heads, Psychedelic Furs und The Killers ins Studio gegangen ist. Gemeinsam entwickelten sie ihre ganz eigene Definition der U-Musik, im wörtlichen Sinne, denn Brad Oberhofer will in erster Linie unterhalten.
Inhaltlich dreht sich alles um die großen Themen der Jugend: Sehnsucht, Verlieben, Liebeskummer. Zeilen wie “I gave you my heart and you tore it apart” aus dem ersten Track ‘Heart’ oder “I wanna build a haus with you, a home, so we can be alone” aus dem siebten Lied ‘Haus‘ wiederholen sich immer wieder und halten sich insgesamt die Waage zwischen Herz und Schmerz. Die Texte sind keine lyrischen Meisterwerke, aber sie sind kurz und einprägsam und dürften den Geschmack der Indie-Kids sehr genau treffen, zumal es eine Vielzahl an großen Mitsingmomenten gibt. Oberhofer pfeift gerne und liebt stadiontaugliche „Oh“-Gesänge. Seine Art zu singen erinnert mal an Luke Steele (Empire of the Sun), mal an Luke Pritchard (The Kooks) oder auch mal an Harry McVeigh (White Lies), wobei seine Stimme oft nur als ein Instrument unter vielen eingesetzt wird und in ihrer Unausgefeiltheit einen überraschenden Gegensatz zur extravaganten Orchestrierung bildet.
Es ist schon ziemlich erstaunlich, was dieser Brad Oberhofer alles in sein Erstlingswerk gepackt hat, doch der ganze Überfluss kann für den Konsumenten auch mal etwas anstrengend sein. Er selbst bezeichnet seine Musik als Coincidence Pop und das ist vielleicht auch einfach die richtige Einstellung. An Selbstbewusstsein fehlt es dem jungen Indie-Tüftler jedenfalls nicht.
Live zu sehen u.a. auf dem Haldern Pop Festival (09.-11. August 2012), dem Frequency und dem Pukkelpop Festival (beides 16.-18. August 2012).
Oberhofer – Time Capsules II
VÖ: 04. Mai 2012, Cooperative Music
www.facebook.com/OberhoferJamz