Who saw this coming?
(I Am Oak – Marrow)
Musik für andere greif- bzw. begreifbar zu machen, gestaltet sich manchmal etwas schwierig. Manchmal nutzt man einfach Vergleiche oder Verbindungen, die einfach verständlich und vielen geläufig sind, womit das Schubladen denken einen Sieg verzeichnet. So gaben sich die Arcade Fire-Vergleiche kurz nach dem ‘Suburbs‘-Release nur so die Hand und zurzeit dient Bon Iver als das A & O des guten Name-Droppings im musikalisch anspruchsvollen Songwriter-Bereich. Bei der Beschreibung des letztjährigen I Am Oak-Veröffentlichung ‘Oasem‘ griffen wir (hier) zumindest auf die Jahreszeiten-Verknüpfung zurück und orteten die Musik des niederländischen Songwriters Thijs Kuijke, mit seiner spärlichen Instrumentierung und den sphärischen Klangwelten, im Herbst. Der größeren Instrumentieren steht auf dem neuen I Am Oak-Album nichts mehr im Wege, zog man sich doch erstmals als Band zurück, um an einem Album zu arbeiten.
Der Opener ‘Famine‘ greift trotzdem die Reduktion der bisherigen Alben wieder auf und beginnt allein mit Thijs’ Gesang beziehungsweise Akustik-Gitarre, um sich dann mit Chor und flirrenden E-Gitarrenwänden in sphärisches Gewand zu hüllen. Überhaupt geht die Transformation von akustischer zu elektrischer Gitarre voran, sodass man auf dem passenderweise mit dem Titel ‘Grown‘ versehenen Song gar ein ausgewachsenes Gitarren-Riff verzeichnen kann, nicht ohne aber auch die bekannten besinnlich-melancholischen akustischen Gitarrenparts zu vernachlässigen, wie auf ‘Boulders‘. Als musikalischer Schimmer nähert sich ‘Palpable‘ an, geht dann aber über in den eigentlichen Sound des Lieds und lässt die flirrenden Sounds mit dem Einsatz des Gesangs fallen. Fast mantrahaft schraubt sich der Song zu einem Highlight des Albums hoch, um letztlich wieder die klassische Instrumentierung ausklingen zu lassen, während sich einige Klangfetzen zum Ende hin zusammenfügen und sich damit der klangliche Kreis von ‘Palpable’ schließt.
‘Drooom‘ hingegen entwickelt sich von einem ruhigen Piano-Stück innerhalb von 1:33 Minuten zu einer dröhnenden Geräuschwand, die zeigt, dass sich die Band auch bezüglich Lautstärke und Atmosphäre nicht auf die besinnlich herbstlichen Töne der Vorgängeralben reduziert wissen will. ‘Marrow‘ beweist dagegen, dass man genau in dieser Disziplin immer noch einiges zu bieten hat, sich in diesem Feld vielleicht sogar den obligatorischen Bon Iver-Verweis verdient – was auch noch mal die beiden Highlights ‘Reins‘ und ‘Vares Varas‘ zum Ende hin bestätigen.
Weiterentwicklung auf hohem Niveau – nicht umsonst wurde das letzte I Am Oak-Album in der niederländischen Heimat zum besten Album des Jahres gewählt. Der Wechsel vom Solo- zum Band-Projekt, von Reduktion zu ausgiebiger Instrumentierung, von ruhiger zu teilweise orchestraler Lautstärke, hat die Band mit ‘Nowhere or Tammensaari‘ geschafft, ohne sich zu verbiegen, womit ihr musikalische Output immer noch im herbstlich-melancholischen Gefilde anzuordnen und insgesamt uneingeschränkt zu empfehlen ist!
I Am Oak – Nowhere or Temmensaari
VÖ: 15. Juni 2012, Midsummer Records
www.iamoak.com