In and out your door
We were all someone else before
Leavin’ shadows on each other’s walls
We laughed and cried and laughed and cried some more
(The Temper Trap – Leaving Heartbreak Hotel)
“Ein starkes Zweitwerk voller nuancierter, epischer Pop-Perfektion! The Temper Trap knüpfen an das Sensationsdebüt an und gehen gleichzeitig neue musikalische Wege, die sie ganz nach oben führen werden.” – mehr Fazit, als Einleitung prangern diese zwei Sätze über der Amazon-Kurzbeschreibung des selbstbetitelten zweiten Albums der australischen Wahl-Briten von The Temper Trap. Tiefstapeln war gestern! CD eingelegt, Play gedrückt – ein Hör-Protokoll:
1. Need Your Love:
Beginnt in etwa so, wie man sich den Sound des letzten Blade Runner-infizierten Editors-Album vorstellen musste: Synth-lastig, Pathos, Hall und gesanglich so, als würde Sänger Dougy Mandagi die Texte an manchen Stellen hinaus brüllen. Aber gut Stadion-Pop (für Indie-Kids gefühlt die negative Steigerung von Stadion-Rock) scheint ja das anvisiert Ziel der Band zu sein. Zumindest wenn man das Album auf diesen Song reduziert…
2. London’s Burning:
…doch schon der zweite Song deutet an: Man ist nicht um Variation im Sound verlegen, windet sich durch alle möglichen Schichten von Genres, ohne jemals das Genre Pop aus dem Rückspiegel zu verlieren und das eigentlich vorstechende Merkmal der Band nicht ins rechte Licht zu rücken, war es doch schon beim Debüt hauptsächlich die wandlungsfähige und letztlich einfach außergewöhnliche Stimme von Frontmann Mandagi, die herausstach. Daneben markiert der Song das erste Highlight der Platte: treibend, eingängig mit mehrstimmigen Chor und genug Spielraum für Gitarren-Riffs – Hit!
3. Trembling Hands:
Ist das schon der Himmels-Chor oder doch nur dieser Reamonn, von dem sie im Radio immer sprechen? Naja, ganz so schlimm ist es nicht, aber es wird fühlbar schnulziger – jedoch auch ein Gewand, das der Band gar nicht so schlecht steht, mitsamt der Piano-Arrangements.
4. The Sea Is Calling:
Wenn man schon gefühlsmäßig dabei ist, lieber direkt noch einen Song über das Meer hinterher schieben – genauso sehnsüchtig, wie auf dem Reißbrett entworfen, klingt er dann auch. Bestimmt schön, wenn man so in Gedanken aus dem Fenster in die Nacht schaut.
5. Miracle:
Noch reduzierter? Nur noch Gesang, dafür teilweise gedoppelt, und Samples? Wobei, jetzt setzt die Gitarre als leichter Sound-Teppich ein. Huch, zuckt der Fuß schon die ganze Zeit mit? Ein Lied, das einem nicht mehr aus dem Kopf geht, trotz angezogener Handbremse und flirrender Kitsch-Parts gegen Ende. Direkt mal das 5 Sterne-Gütesiegel bei Itunes verhängt.
6. This Isn’t Happiness:
Ah, Orgel-Sounds, die gingen ja zuletzt schon super bei Wu Lyf und stehen auch der mittlerweile zum Quintett angewachsenen Band gut zu Gesicht. Wenn Pop dann so, gerade da hier auch noch mal die Gitarre ran darf!
7. Where Do We Go From Here:
Oh, zu früh gelobt? Alter-Mann-Pop? Skip!
8. Never Again:
Samples und Gitarre – irgendwie nerd-trashig bzw. bezieht seine Schönheit wohl hauptsächlich daraus, nicht ganz so nervig wie der Song davor zu sein, funktioniert dann doch irgendwie für sich, auch wenn es sich ungewohnt anfühlt.
9. Dreams:
Direkt mal zur Mitte des Songs eingestiegen…hach: “Where our dreams go” – sagt er das? Kann man das so sagen? So oder so, könnte man sich da ein schönes Video vorstellen, wo Mandagi in Feinripp-Shirt und offenem Hemd im wehenden Wind auf einem Felsen der irischen Küste steht…und dann so die Kamera mit dem Helikopter von unten über ihn fliegt…und er proklamiert dann “Where our dreams go” – voll gefühlvoll und so. Vielleicht sollte ich die Idee der Band verkaufen. Zum Song: Hört sich an wie Hurts. Wobei sich doch schon Hurts wie Hurts anhört…wäre also wirklich nicht nötig gewesen!
10. Rabbit Hole:
Ah, das hört sich schon eher nach The Temper Trap an! Erst gefühlvoll leise, dann zur Mitte hin mit einem gewaltigen Gitarren-Part (allgemein auch gern als Brett bezeichnet) zum Höhepunkt aufbrechend, dann hypnotisch, groß, toll!
11. I’m Gonna Wait:
Geräusch…und dann? Oh, wieder Hurts, samt mehrstimmigen Gesangs-Parts, unendlich wiederholend “I’m Gonna Wait, I’m Gonna Wait, I’m Gonna Wait…” – auf das Ende des Songs warte ich aber nicht mehr.
12. Leaving Heartbreak Hotel:
“I’m Gonna Wait, I’m Gonna Wait, I’m Gonna Wait, I’m Gonna…” – vielleicht doch nicht so schlecht, hat sowas ohrwurmmäßiges…aber so in der Art eines Ohrwurms, für den man sich vor sich selbst schämt. Ah, nächster Song. Flügel, schon mal gut. Samples, angenehm entspannt. Stimmlich mal wieder großes Kino. Ab 3:07 Min wieder ein A-Ware-Song, für den man sich nicht schämen muss – zum Abschluss also noch ein Highlight!
Fazit (bei uns gibt es das immer noch am Ende):
Alles anders, viele Experimente bezüglich des Sounds, wobei vieles funktioniert und nur vereinzelte Pop-Abwege nicht nötig gewesen wären. Letztlich ein würdiges Nachfolge-Album zu ‘Conditions‘, beziehungsweise ein angenehm vielseitiges Album, an dem man sich nicht so schnell satt hören wird.
The Temper Trap – The Temper Trap
VÖ: 18. Mai 2012, Pias UK
www.thetempertrap.com
http://soundcloud.com/the-temper-trap
Am 18. September spielen The Temper Trap übrigens im Capitol in Offenbach – präsentiert von www.bedroomdisco.de! Hier gibt es Tickets für das Konzert!