Paint your eyes onto the trees
Try drinking the blood from the heart of the Queen
And we’ll find a simple life tonight
Let the tribe keep us young, keep us young
If not then we’ll hibernate for now
(Bravestation – Signs of the Civilized)
Die vier Kanadier von Bravestation machen Songs, die sich allesamt so anfühlen wie ein Traum, an den man sich beim Aufwachen noch kurz erinnert und der sich dann plötzlich verflüchtigt. ‘Giants & Dreamers‘ plätschert hypnotisch und doch energetisch dahin und macht Widerstand zwecklos. Wie ein Initiationsritus, dem man sich unterwerfen muss…
Hier trifft New Wave auf World Music-Elemente, bei denen man ruhig in Richtung Peter Gabriel oder Johnny Clegg (Kennt jemand Johnny Clegg? Bitte!) denken darf. Zugleich kribbelt der träumerische, oft mehrstimmige Falsett-Gesang, der in Kombination mit einer packenden rhythmischen Raffinesse an Wild Beasts und Local Natives erinnert, unter der Haut. Die Jungs aus Toronto klingen durchgehend nach den Achtzigern, nach einer Art Tribal-Pop. Sie rollen das, was dieses Jahrzehnt großartig macht – Synthie, tribalartige Rhytmen, Hall, Androgynität – in jedem Song wie einen Teppich aus, auf dem dann die kanadische Wildnis ertönt. Eine unfassbar spannende Mischung, die nicht auf Höhepunkte und großes Auf und Ab in den Songs setzt, sondern vielmehr auf eine ganzheitliche Träumerei. Kreativ wird mit Melodien gespielt, in Gesang und monoton-treibender Instrumentation. Immer wieder bringt Sänger Devon Wilson überraschende Tiefe in ein sich wiederholendes melodisches Thema, hinzu kommt hier noch ein Synthie-Wummern und dort noch ein komplexer Rhythmus.
Der Opener ‘Tides of the Summit‘ lässt genau auf diese Weise eine Klanglandschaft entstehen, die in ‘Western Thrills‘ mit abermals viel Hall und auf einzigartige Weise ineinander verwobenen Klängen und Rhythmen wächst. Der Ideenreichtum dieser Band, vor allem in den Details, ist so faszinierend, dass einem spätestens bei ‘Signs of the Civilized’ die Spucke wegbleibt. Bis der Gesang einsetzt, ist dies in Bravestation-Manier ein Achtziger-Hit – und was für einer. Dann die leicht soulige, unprätentiöse Stimme Wilsons und der Sound gewinnt an ganz viel Eigenheit. Der sich durch das Album ziehende indigene Klang spiegelt sich hier sogar im Text wieder, in dem es um Riten geht. Richtig: dunkle Riten, ganz schön cool!
Es folgen wahre Eighties-Hymnen. ‘Flourescent Scenes‘, ‘Amarenthine‘ und ‘Lines In The Sand‘ lösen sich brillant ab und immer überrascht der Gesang in Kombination mit World Music vom Feinsten. Bravestation sind keine billige Kopie, sondern großartige Songwriter, die zahlreiche faszinierende Elemente auf ganz eigene Art vereinen. Ihnen das zum Vorwurf zu machen, wäre ignorant. Denn sich als Band so virtuos dieser Mittel zu bedienen, die man für seinen auf einzigartige Weise berührenden neu geschaffenen Sound braucht, ist eine Kunst. ‘Giants & Dreamers’ klingt nach so viel und vor allem nach so viel mehr als man ihnen, wenn man in diskutierfreudiger Laune ist, vorwerfen kann. Man muss sich nur auf die Träumerei einlassen und das Album wieder und wieder hören, um sich mit jedem Mal aufs Neue bewusst zu werden, wie viel Schönheit und Raffinesse darin steckt. Damit man sich dann auch nach dem Aufwachen noch daran erinnert.
Bravestation – Giants & Dreamers
VÖ: 10. Juli 2012, selbstveröffentlicht
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