Last night a heard a shaking melody
From the top of a nearby willow tree
I never heard that willows really weep
So it must have been this little guy that‘s awake when we sleep
Sea + Air – Do Animals Cry?
Es gibt da diese Geschichte über Sea + Air. Angeblich spielte das Duo Eleni und Daniel Benjamin im Vorprogramm von Whitney Houston und brachten das komplette Publikum zum erstummen und andächtigen Lauschen. Und manchmal stimmen solche Geschichten, die im ersten Moment dick aufgetragen erscheinen, ja auch. Wie im Fall von Sea + Air.
Sea + Air sind das Ehepaar Eleni und Daniel Benjamin aus Stuttgart. Seit nunmehr zehn Jahren machen die beiden gemeinsam Musik und haben mittlerweile über 1000 Konzerte gespielt. Neben ihrer eigenen Musik komponierten Sea + Air in diesem Jahr Soundtracks für zwei deutsche Spielfilme: Für ‘Heißkalte Seele’ von Michael Verhoeven mit Dieter Pfaff und für den preisgekrönten Film ‘Schuld sind immer die Anderen’ von Lars-Gunnar Lotz. Wieso man bisher noch nicht viel von den beiden gehört hat, lautet die berechtigte Frage. Ganz einfach: Bisher gab es von den beiden kein Album zu kaufen. Dieser Missstand wird mit My Heart‘s Sick Chord jedoch endlich behoben. Und was Sie + Er (ja, die beiden lieben Wortspiele) mit ihrem Debüt auf die Beine gestellt haben, ist beachtlich.
Live spielt jeder der beiden auf manchmal sogar artistische Weise bis zu fünf Instrumente gleichzeitig. Und mit den Instrumenten verändern sich zwangsläufig auch die Stile der Songs. Zwischen Klassik, Folklore, Indie, Pop und Rock bauen Daniel und Eleni ihr eigenes Klanggerüst. Sie lassen die Menschen an Geschichten über die Liebe, Trauer, Schmerz und Hoffnung teilhaben und unterlegen diese mit einem musikalischen Klangteppich. Sie zaubern ein Lächeln in das Gesicht des Hörers, um ihn im nächsten Moment in eine Art Traumwelt zu entführen. Da ist der Popsong ‘The Heart Of The Rainbow‘, der bei TV Noir als der Sommerhit 2017 angekündigt wurde. Ein blinkendes Cembalo, der einsetzende Beat und der augenzwinkernde und eingängige Refrain erzeugen einen enormen Suchtfaktor, dem man sich nur schwer entziehen kann. Gerne würde man dem charmanten Pop-Song immer wieder lauschen, doch My Heart‘s Sick Chord hat mehr zu bieten. Der Anfang von ‘The Sea After A Storm‘ klingt nach barockem 17. Jahrhundert, während in ‘Take Me For A Ride‘ die Griechin Eleni die Musik mit mediterranen Melodien anreichert. Im abschließenden ‘My Heart’s Sickest Chord‘ wird eine clevere Reprise sämtlicher bisher gespielten musikalischen Themen zelebriert und mit ‘Mercy Street‘ gibt es sogar ein Peter Gabriel Cover zu bestaunen. Im nächsten Moment kommt ‘Yeah I Know‘ um die Ecke und erinnert wiederum an den Gitarren-Rock einer mehrköpfigen Band aus den 70ern. Schnell merkt man: My Heart‘s Sick Chord ist eine wilde Mischung, für Abwechslung ist gesorgt.
Was das Album zusammenhält, ist der Indie-Pop Appeal, der bei allen musikalischen Anleihen und Ausschweifungen immer in den Adern der beiden pulsiert. Ein weiter Anker ist das Cembalo. Auf diesem klassischen Instrument, das ungenutzt im Wohnzimmer von Daniels Vater stand, haben Eleni und Daniel die Songs für ihr Debütalbum komponiert. My Heart‘s Sick Chord ist ein zauberhafter Erstling geworden, doch die volle Magie entfachen Sea + Air nur auf der Bühne. Da verwundert es auch nicht mehr, dass sich die beiden so lange Zeit gelassen haben.
Sea + Air – My Heart‘s Sick Chord
VÖ: 12. Oktober 2012, Rent a Record Company, Rough Trade
http://seaandair.net
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