Tiga darf wohl ganz zu Recht als eine der Legenden der elektonischen Musik bezeichnet werden. Wer kennt nicht seine Version von ‘Sunglasses at Night‘ oder weiß nicht um seinen unglaublichen Ruf als Remixer, den er bei jeder Interpretation fremder Tracks aufs Neue eindrucksvoll unter Beweis stellt, beipspielsweise bei seiner Bearbeitung von ‘Cannon‘ von Justice, ‘Shelter’ von The XX oder ‘My Blue Cassette‘ der Friendly Fires. Hinzu kommen seine zwei Alben ‘Sexor‘ und Ciao!, die jeweils einschlugen wie eine Bombe. Plus das zusammen mit Zombie Nation als ZZT produzierte Album ‘Partys over Earth‘. Damit aber lange nicht genug: Als Kopf von Turbo Recordings zeichnet sich der Kanadier verantwortlich für die Entdeckung von mittlerweile selbst zu einiger Berühmtheit gelangten Persönlichkeiten wie Gesaffelstein, Clouds und auch Boys Noize. Außerdem dürfte auch der durchschlagende Erfolg der ‘New Jack Techno‘-Produzenten zu einem nicht kleinen Anteil auf Tiga zurückzuführen sein, denn hier wird ein Stil von jungen Talente umgesetzt, den der Altmeister schon seit Jahren propagiert und zu dem auch das jüngste Talent der Turbo-Familie John Roman einiges beizutragen hat.
Da liegt der Grund auf Hand, warum Tiga selbst feststellen muss: “It’s been ages since my last mix CD, and there are plenty of reasons why.” (Es müsste seine CD in der DJ-Kicks Reihe gewesen sein.) Ein wenig ist es sicher aber auch etwas seinem Perfektionismus geschuldet, was die Suche nach Tracks angeht, die sich makellos aneinander fügen lassen. Umso größer ist nun abr der Genuss, wenn man sich das Mixalbum ‘Non Stop‘ anhört, denn hier kann man die ganze Reichweite von Tigas Mix-Skills und Expertise in Sachen Musikgeschmack in actu erleben.
Viele der enthaltenen Stücke lassen musikalisch das sich dem Ende neigende, ereignissreiche Turbo-Jahre Revue passieren. Aber hier wird bei weitem nicht nur Promoarbeit geleistet, sondern fast unmerklich auch das Tempo von 108 auf 126 BPM verschoben. Daber werden fast unmerklich so einige Genregrenzen passiert. Was sich den Anschein gibt, ein smoother Housemix zu werden, der mit Kindness‘ vocal-dominierter 80er-Ballade ‘Swinging Party‘ groovig einsteigt, entpuppt sich nach einigen Songs doch als rollende, treibende und immer deeper werdende Compilation. Doch der Wechsel wird über viele Stücke grazil gezogen, wobei eine Vorliebe des Akteurs besonders ohrenfällig wird: die nämlich für Acidhouse wie 4E ‘Temple Traxx‘ (1994) oder AFX (Aphex Twin) ‘AFX Acid 4‘ (2005).
httpv://www.youtube.com/watch?v=VuPNkhW7edk
Die 11 Jahre Unterschied verschwimmen hier ebenso wie die Übergänge zwischen den Stücken. In Mitten seiner kleiner Zeitreisen versteckt Tiga gern auch seine neuesten Releases. Zum ersten mal zu hören bekommt man hier ‘Plush‘, der am 26. November als Single erscheinen wird. Neben seinen kürlich auf Crosstown erschienen ‘The Picture‘ kann man sich auch noch einen Vorgeschmack auf einen kommenden Release holen. ‘Track City Bitch‘ heißt diese Nummer, kommt wie fast alle seine Titel mit der Stimme des Dandys aus Montreal daher und schlägt genau in die ‘New Jack Techno‘-Kerbe. Daran lassen sich dann auch die jungen Shootingsstars wie Clouds, Blawan und Duke Dumont scheinbar kinderleicht anschließen. Doch auch hier greift Tiga noch ein mal tief in die Plattensammlung und setzt neben die jüngsten Erscheinungen nicht weniger moderne Titel wie ‘Calligula‘ von Gladio (ein Sideproject von Legowelt) und ‘Vertigo‘ von K Alexis, das sich heute so zeitgemäß anhört wie nie, auch wenn es bereits 1989(!) erschienen ist.
httpv://www.youtube.com/watch?v=NCwOxzrUSlk
Hier zeigt sich die große Kunst des DJ-tums, das Gespür und die Erfahrung einen Mix zu produzieren, der handwerklich und durch die Auswahl der Stücke nicht nur den Zeitgeist konserviert, sondern viel mehr durchscheinen lässt. Es gibt nicht viele, die das so beherrschen wie Tiga.
Tiga – Non Stop
VÖ: 12. November 2012, PIAS/Different Recordings
www.tiga.ca
www.planet-turbo.com
www.pias.com/de/