Give me a light
give me a dream
give me a reason.
(Petula – Sllr)
2012 sah ich Petula das erste Mal im Schlachthof Wiesbaden. Spontan war ich von seiner Bühnenpräsenz, seinem kauzigen Witz und vor allem von seinen verschwenderischen Klangteppichen gefangen. Doch irgendwie verlor ich Sebastian Cleemann aus den Augen, vergaß ihn. Dieser Zustand muss geändert werden und Veränderung kommt in Form von Petulas zweiter LP mit dem labyrinthischen Titel ‘Don‘t Forget Me, Petula! Don‘t Forget Everything, Petula!’. Darauf macht Sebastian Cleemann, ehemals Kate Mosh und SDNMT, das was er am Besten kann: Er skelettiert und skizziert mit elektronischen Sounds, allerhand Instrumenten und seiner Stimme traumhafte Klangwelten. Loop-Folk nennt man das dann. Oder wie das Label Dia textet: “Petula spricht von Honig, Melodien, Reduktion und Microsound und einem Schluck Licht”.
Aufgenommen wurde das Album in einem eigens dafür errichtetem Studio in einem erzgebirgischen Bergzimmer. Gemastert wurde von Nils Frahm, gemischt von Oliver Stangl (ClickClickDecker). Das zentrale Thema das Albums ist Vergessen und Vergessen werden und um diesen passiven und aktiven Aspekt der Vergänglichkeit drehen sich die elf Songs auf ‘DFMP!DFEP!’. „Es ist mir wichtig, das Vergangene, Gewohnte, Sichere immer wieder neu zu bewerten – nie auf der sicheren Seite zu sein“, sagt Petula in einem Interview mit dem Blog Dressed Like Machines. Selten sah ich die Idee hinter einem Album musikalisch so konsequent umgesetzt, wie hier.
Der soundgewaltige und bedrohliche Opener ‘SLLR’ lässt den Hörer die ersten 30 Sekunden erschaudern. Irritierend tönen hier hin und her-schwingende Sounds, immer nah an der Schmerzgrenze zum Suspense-Moment. Leicht verdauliche Kost sieht anders aus. Doch dann geht es los, die Spannung fällt ab und noch während des Songs zerschellt die vermeintliche Gefahr an der wohlig-behaglichen Grundstimmung des Albums. Stillstand bleibt hier aussen vor und selbst einzelne Songs wechseln schemenhaft ihre Gestalt. Wiederholung und Wendung führen eben zu fragiler, musikalischer Schönheit. Alles klingt nach Wandel und Leben, nichts nach Maschine. Seien es die federweichen Loops in ‘Dog‘, das klingende Küchen-Ensemble in ‘Juri‘ oder der beschwingt treibende Beat in ‘Marry Me 1‘. Permanentes Vergessen führt eben auch zu permanentem Neuentdecken.
Wenn Petula freudig „Me so supergiddy. Me so superglad. It’s my latest album. The best I ever had.“ dichtet, kann man ihm nur zustimmen. ‘Don‘t Forget Me, Petula! Don‘t Forget Everything, Petula!’ ist ein fantastisches Album voller Überraschungen, vertrackten Soundmomenten und trotzdem eingängigen Songs geworden. Wer solche Alben abliefert, braucht keine Angst zu haben, vergessen zu werden.
Petula – Don‘t Forget Me, Petula! Don‘t Forget Everything, Petula!
VÖ: 18. Januar 2013, Dia Records
http://petula.org
www.facebook.com/petulapetula