You don’t have to be afraid
You don’t even have to be brave
Living in a gilded cage
The only risk is that you’ll go insane
(Flume – Insane)
Manchmal sind es die vermeintlich kleinen Dinge, die ein Leben beeinflussen, in eine gewisse Richtung lenken und Jahre später irgendwo in einem Promoschreiben als lustige und viel zitierte Anekdote landen. So auch beim neuen australischen Elektrowunderkind Harley Streten, dem im zarten Alter von 13 Jahren ein Computer-Programm für die Produktion elektronischer Musik aus der Frühstückspackung in die Hände fiel…acht Jahre später ist er der neue Stern am Elektrohimmel und veröffentlicht dieser Tage auch hierzulande sein Debütalbum unter seinem Pseudonym Flume!
Die Erwartungshaltung ist groß, die äußeren Umstände zielen komplett in eine Richtung – das nächste große Ding: Flume! Mehr als 116.000 Gefällt mir-Angaben zählt Facebook dieser Tage, auf dem Titelbild dröhnt ein kleiner Junge in Shorts mit erhobener Hand, vor ihm eine schier gigantische Feiermenge, The xx, Four Tet und TEED gehören zu den verbrieften Fans. Doch das 15-Song-starkes Flume-Debütalbum kommt einer süchtig-machenden Mischung aus R&B-lastigen, verspielt-vertrackten elektronischen Slow-Beat-Werken daher, dass all das nicht verwundert. ‘Sintra‘ beginnt als Opener und Blaupause-Ergebnis dieses Musters, führt in die Klangwelt des jungen Stretens ein, beschwört Erinnerungen an all die Elektro-Produzenten, die mit dem Pop-Genre liebäugeln, auf und bewegt sich Höhepunktlos, aber angenehm unaufgeregt in die erste positive Überraschung: ‘Holdin On‘. Soulige Vocals, treibende Synthie-Spitzen, Beats und Drum-Samples – ein bisschen erinnert das in seinem Gewandt und Ausführung an SBTRKT. Und ähnlich wie das Projekt des Londoner Aaron Jerome, vermag auch Flume es nach einem, für sein Verhältnis, progressiveren Song, etwas sphärischeres folgen zu lassen, nicht ohne zumindest ein Fuß auf der Tanzfläche zu behalten – in diesem Fall übernimmt ‘Left Alone‘ diese Aufgabe.
Darauf folgt mit ‘Sleepless‘ (feat. Jezzabell Doran) Flumes erster “Hit“: ein quirliges und sommerlich-leichtes Chillwave-Geleier, irgendwo zwischen Slow Magic, Sun Glitters und Baths – mitreißend, aber letztlich verglichen mit dem sonstigen Treiben des Australiers, eher als mittelmäßig zu bezeichnen. Interessanter ist da schon das darauffolgende ‘On Top‘ – eine Zusammenarbeit mit dem Rapper T.Shirt, das mal wieder zeigt, wie gut Elektroproduzenten doch mit HipHop-Acts funktionieren können, wenn sie sich aufeinander einlassen. ‘Stay Close‘ bremst das Treiben dann via Handbremse aus, um das Feld für den größten Song der Platte zu bestellen. ‘Insane‘ (feat. Moon Holiday) verbindet viele der zuvor schon integrierten Einflüsse zu einem betörenden Pop-Dance-Song, der so perfekt ist, dass man sich davor verneigen sollte.
Danach kommt ein bisschen Spreu: ‘Change‘ und ‘Ezra‘ als sich gemächlich treibenlassende Songs ordnen sich den sonstigen Highlights etwas unter, während der ähnlich beginnende ‘More Than You Thought‘ an den Dubstep-Anleihen scheitert. ‘Space Cadet‘ zeigt sich da mit seinen trashigen Future-/Nintendo-Samples wieder etwas stärker…und dann unerwartet, aus dem Nichts, mit kleineren Abstrichen, wieder ein Hit des ‘Insane’-Kalibers: ‘Bring You Down‘ – leider zum einzigen reinen Pop-Song der Platte verkommen, ohne größere Ambitionen auf die Tanzfläche, samt schwülstigem Background-Geheule – aber was soll’s, der Song hat was!
Zum Ende hin wird es dann noch mal etwas vertrackter, bewegen sich doch sowohl ‘Warm Thoughts‘ als auch ‘What You Need‘ auf sich versampelnden Gold Panda-Pfaden, wenn auch letzterer mehr auf Bassflächen setzt und die von Einflüsse eines Darwin Panda nur hier und da durchscheinen lässt. Abgeschlossen wird dieses erstaunliche Debütalbum von ‘Star Eyes‘, das sich langsam ausstanzt, ausleiert und ausklingt. Da bleibt nur noch eins zu sagen: Danke Kellogg’s und Co.! Danke für Flume!
Flume – Flume
VÖ: 22. Februar 2013, Cooperative Music
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