LUKE RHINEHART – The Dice Man

LUKE RHINEHART - The Dice Man Buch-Kritik

‘What’ll I say when I beat him up?’
‘Why don’t you ask the dice?’
He looked up quickly at his father.
‘What do you mean?’
‘You’ve got to beat up Jerry, why not give the dice six choices of what you’ll say?’
‘That’s great. What’ll they be?’
‘You’re God,’

(Luke Rhinehart – The Dice Man – Seite 145)

Eins der verrücktesten Bücher von einem der verrücktesten Menschen, das man so lesen kann. Die Idee ist ziemlich genial, wie einfach: Alle Entscheidungen werden gewürfelt, jede Zahl steht für ein Handeln, Denken, Benehmen. Wie man damit die Umwelt und den Leser in den Wahnsinn treibt, erklärt ‘The Dice Man‘ von Luke Rhinehart.

Luke Rhinehart ist der Protagonist und gleichzeitig auch das Psydonym des Autors George Cockcroft, welcher ‘The Dice Man’ bereits in den 70ern herausbrachte und damit einen gewissen Kultstatus erlangte. George Cockcroft würfelte selbst in jungen Jahren seine Entscheidungen und schrieb eine nicht ganz biographische, nicht ganz fiktive Geschichte dazu.
Ein Psychologe ist gelangweilt von seinem gutfunktionierenden Leben mit Frau, zwei Kindern, Job, alle Möglichkeiten mit Veröffentlichungen in der Psycho-Branche Eindruck zu machen. Zu langweilig findet Luke Rhinehart und fängt an einen Würfel für seine Entscheidungen zu benutzen. Sechs Optionen, von ihm vorgegeben – eine Entscheidung, die er befolgen muss. So passiert es auch, dass sein erstes Würfeln damit endet, dass er seine Nachbarin vergewaltigt – nicht so brutal, wie man eine Vergewaltigung an sich vom Fernsehen her kennt, aber es ist immerhin eine mit Ankündigung.
Warum aufhören, wenn es grad Spaß macht und so wird langsam das ganze private Leben umgekrempelt, wobei auch irgendwann seine Patienten mit dem Würfeln konfrontiert werden – mit Erfolgen, aber natürlich auch mindestens genauso vielen Misserfolgen.
Dass weder Frau, noch alle Kollegen einverstanden sind, sein Leben auf derartigeweise bestimmen zu lassen wird bald offensichtlich – und trotzdem findet das Würfeln immer mehr Anhänger.

Dass Luke Rhinehart größenwahnsinnig wird und bald seine eigenen Centren eröffnet in denen auch Kinder bzw. die Kindererziehung an sich mit dem Thema Entscheidungen würfeln belastet wird, sei nur nebenbei erzählt.
Viel eher interessiert, wie Luke Rhinehart immer drastischer und rücksichtsloser Gesetze und Menschen bricht, Grenzen gibt es nicht mehr – besonders nicht in der Sexualität, die ebenfalls zu einem Spiel wird. Dabei schafft es der Autor Luke Rhinehart immer wieder sehr geschickt vor harten Strafen davonkommen zulassen.

Ein Buch, das thematisch fasziniert, gleichzeitig aber beim Lesen immer mehr abschreckt. Der Wunsch nach Spontanität und Abwechslung, der in jedem Menschen früher oder später auftaucht und zwar deutlich extremer als nur die Zahnpastamarke zu wechseln, wird hier hervorragend beschrieben. Sich gegen die gewohnte und gesellschaftlich anerkannte Entscheidung zu stellen und sich komplett dem Spiel hinzugeben, eine Möglichkeit aus sechs, die die nächsten Minuten oder das nächste Jahr bestimmt – aufregend. Welche Folgen das emotional und gesellschaftlich auslöst, wie Menschen verschiedene Ansichten dieser anarchistischen Welt haben und in ihrer Umwelt verarbeiten, wird nicht nur treffend mit Worten ausgedrückt – nein, hier entstehen Bilder, die den Leser fesseln. Wobei man manche Sachen dann doch wieder vergessen möchte, denn für Zartbesaitete ist ‘The Dice Man’ nichts.

4von512

Luke Rhinehart – The Dice Man
Taschenbuch
ISBN: 978-0006513902
Harpercollins UK, Neuauflage: 15. Dezember 1999
9,90 €
www.lukerhinehart.net