I used to watch the butterflies, pretend that it’s spring
When december can’t remember not a damn cold thing
(CocoRosie – Gravediggress)
In der Musikgeschichte haben schon unzählige Geschwisterpaare bewiesen, dass Talent sehr wohl DNA-genormt ist. The National, Beach Boys, Oasis, Kings of Leon oder The Kelly Family (wobei sich hier definitiv über Talent streiten lässt) – sie alle sind im engsten Familienkreis erfolgreich geworden. So auch CocoRosie, bestehend aus den beiden Schwestern Sierra und Bianca Casady. Eine herzzerreißende, dramatische Familiengeschichte sorgte für eine lange Trennung, nach der sich die Zwei im Erwachsenenalter 2003 wieder fanden – und ihr erstes Album ‘La Maison de Mon Rêve‘ wurde geboren. Mit sprühender Kreativität ist ihnen nun ihr neustes und fünftes Werk ‘Tales of a GrassWidow‘ entsprungen.
Und wer Neues von CocoRosie möchte, kann beim Kauf dieses Albums nichts falsch machen. Direkt zu Beginn wird man von ‘After the Afterlife‘ auf Samthandschuhen in die Welt von CocoRosie getragen. Man will nicht reden, nicht viel denken, nicht Wäsche zusammenlegen. Sondern die Augen schließen, mit den Fingern im Kopf Bilder malen und Zuhören. Das Besondere an den beiden Schwestern ist ja unter anderem auch deren unterschiedlicher Gesangsstil. Sierra ist ausgebildete Opernsängerin, die mit ihrer reinen Stimme Maiglöckchen zum Erleuchten bringt, währenddessen Bianca sich mit kindlicher Stimme im Sprechgesang und Rap beweist. Vor allem bei ‘End of Time‘ sticht genau dieser Unterschied sehr deutlich hervor und zeigt, wie wundervoll es doch zusammen wirkt. Zudem bekommt der wunderbare Antony Hegarty ein Gastspiel auf dem neuen Meisterwerk. Nachdem er erstmalig 2004 bei dem Lied ‘Beautiful Boys‘ mitgewirkt hat, bereichert er das Album wieder mit seiner einzigartigen Stimme bei den Stücken ‘Tears for Animals‘ und zum krönenden Abschluss noch bei ‘Poison‘.
Die Märchenwelt, die Sierra und Bianca immer wieder aufs Neue so wunderbar erschaffen, ist häufig erfüllt von Schmerz, verpackt mit glitzernden Schmetterlingen und rosa Zuckerwatte. Nach dem ersten Hören lässt sich die Scheibe zwar noch nicht so richtig greifen, doch sie wird mit jedem Mal besser und genialer. Dadurch lässt sich auch der bunte Mix an instrumentaler Unterstützung wie Panflöte, Harfe, Klavier, Akkordeon, Beat Box und noch vielem mehr, leichter entwirren. Es ist natürlich keine Musik für Jedermann, das kann man nicht bestreiten. Aber für CocoRosie-Anhänger ist das Album ein wunderbares Geschenk. Und so haben die Meisterinnen der metaphorischen Sprache wieder mal ein neues Wunderwerk geschaffen, welches definitiv den Stempel „lebenslänglich hörenswert“ verdient hat.
CocoRosie – Tales Of A Grasswidow
VÖ: 24. Mai 2013, City Slang
http://cocorosiemusic.com