“Shadows turn to grey
A slave today
He cowered beyond reckless tracks of impulse
Made to stray around rough coasts
When grace is close to home”
(Mount Kimbie – Made To Stray)
Faserige Klangcollagen, Basslinien für die Indie-Bands töten würden, Rap von niemand geringerem als UK-Hoffnungsträger King Krule, großartig-knallige Breaks und sogar euphorische Pop-Momente. ‘Cold Spring Fault Less Youth‘ taumelt zwischen den Welten und damit ist Mount Kimbies zweite LP genauso vielseitig, wie die Wörter im Albumtitel verschieden. Wer hier noch auf Kategorisierung a la James Blake pocht, dem sei ein freches Post-Dupstep-Papperlapapp entgegnet, denn die beiden Musiker Dom Maker und Kai Campos sind der Konkurenz mit ‘Cold Spring Fault Less Youth’ (wie auch schon mit ‘Crooks & Lovers‘) einen gewaltigen Schritt voraus.
Wer sich über die vielen Einflüsse im Sound wundert, dem sei zuerst einmal die Entstehungsgeschichte des Bandnamens ans Herz gelegt. Zu diesem wurden die beiden Briten nämlich durch ein Lied von Nick Drake (‘Kimbie’) und ein Album der Microphones (‘Mount Eerie’) inspiriert. Wie man jetzt von (Lo-Fi) Folk zu elektronischen Klängen gelangt – man weiß es nicht. Aber wenn man Zitate liest, wie “Wir haben endlose Stunden mit der Suche nach den richtigen Soundschnipseln verbracht. Samples sind wie ein Funke, mit dem man ein ganzes Feuer entfacht, nein, wie ein Samen, den man pflanzt und dem man dann beim Wachsen zusieht.” wundert einen nichts mehr. Jacks Bohnenranke ist ein Witz dagegen.
Es gibt einige Neurungen zu ‘Crooks & Lovers’ – Kai Campos bemüht seine Stimmbänder neuerdings und immer öfter werden analoge Instrumente eingesprenkelt, allen voran ein traditionelles Drumkit. Mount Kimbie verfolgen damit einen ähnlichen Ansatz wie Daft Punk mit ihrem aktuellen Album ‘Random Access Memory‘ und teilen mit Ihnen vor allem den Drang zur Perfektion. Bei ‘Slow‘ ist das eine offene Synthie-Melodie, die einen an den Ohren packt und in gerade einmal drei Minuten die komplette Aufmerksamkeit an sich reißt. Die Melodie verlässt auch nach dem Ausklingen des letzten Tons nicht das Ohr und würde nicht der nächste Track folgen, man würde ihr noch lange nachhängen. Auch das treibende, tanzbare Moment von ‘Made To Stray‘, dem mit ordentlich Vorschusslorbeeren bedachten Hit des Albums, setzt sich in den Gehörgängen fest – ob man will oder nicht. Die knarzige Drum und die aufbauschenden Trompeten schreien geradezu nach Bewegung. Konträr dazu stehen Songs wie ‘Sullen Ground‘, die sich eher nach Field Recordings, nach Soundschnippseln, nach Geräuschsafari anhören. Und dann gibt es noch die warmen und poppigen Songs wie der Opener ‘Home Recording‘. Die größte Stärke von ‘Cold Spring Fault Less Youth’ ist ohne Frage der enorme Abwechslungsreichtum.
Die meisten der neuen Songs von Mount Kimbie kann man sich nur bedingt auf einer Tanzfläche vorstellen, dafür umso besser als Untermalung in ruhigen Räumen. Denn ‘Cold Spring Fault Less Youth’ ist so komplex, so vielschichtig und detailverliebt, dass ein erstes Hören im Club bei weitem nicht ausreicht, um alle Nuancen zu erfassen. Trotzdem trieft auf Grund der neuen Instrumentierung aus allen Poren das Wort “Live!”. Mount Kimbie bleiben sich mit ihrem zweiten Album treu und machen praktisch alles besser, als auf ‘Crooks & Lovers’. Fuck Yeah, genau so stellt man sich das schwierige zweite Album vor. Mit seiner Perfektion und gleichzeitigen Verspieltheit stösst ‘Cold Spring Fault Less Youth’ alle bisherigen Anwärter vom Thron: Bestes elektronisches Album 2013 (so far)!
Wer es jetzt nicht mehr aushält, kann das komplette Album HIER bei den Kollegen von NPR streamen.
Mount Kimbie – Cold Spring Fault Less Youth
VÖ: 24. Mai, Warp, Rough Trade
http://www.mountkimbie.com
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