HYDE PARK AM HUDSON – Filmkritik

Als ich ein junger Mann war, also vor meiner Heirat natürlich, hab ich festgestellt, dass das Zeigen meiner Briefmarkensammlung sehr hilfreich war, um die Aufmerksamkeit junger Damen zu erlangen.
(Franklin Roosevelt – Hyde Park am Hudson)

1991 wurden Briefe und Tagebücher unter dem Bett der verstorbenen Margaret Suckley gefunden. Sie lieferten intime Einblicke in die besondere Beziehung zwischen ihr und dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt. Über 20 Jahre hielt deren Brieffreundschaft und Margaret war kein seltener Gast im Weißen Haus. Sie begleitete ihn bei Reisen quer durchs Land und übernahm die Organisation von Roosevelts Bibliothek. Regisseur Roger Michell hat sich von den Briefen inspirieren lassen und als Grundlage für seinen Film ’Hyde Park am Hudson‘ genutzt. Bekannt wurde Michell vor allem mit seinem Film ’Notting Hill‘. Wer kennt ihn nicht? Mit seinem neuen Werk widmet er sich auch wieder der Liebe, aber der Regisseur kehrt zu seinen Anfängen zurück und verarbeitet noch seine Faible für Historie wie in ’Jane Austens Verführung‘.

Margaret „Daisy“ Stuckley (Laura Linney) hat nicht viel außer ihrer Mutter, einem Dach über dem Kopf und den Verwandtschaftsgrad als Cousine 5. Grades zum Präsidenten Franklin D. Roosevelt (Bill Murray). Eines Tages schenkt ihr dessen Mutter einen Anruf, der für Daisy eine große Veränderung bedeuten soll. Sie wird zu seinem Geburtshaus im Hyde Park geladen und begegnet, zunächst noch sehr schüchtern, ihrem Cousin. Zwischen den beiden entsteht nach und nach eine enge Freundschaft auf mehreren Ebenen. Sie wird seine Begleiterin bei Ausflügen, lauscht all seinen Geschichten und darf in aller Ruhe seine Briefmarkensammlung begutachten. Doch als an einem Juni-Wochenende King George VI „Bertie“ (Samuel West) und Queen Elizabeth (Olivia Colman) zu Gast sind, wird Daisys Idylle etwas getrübt. Sie deckt Heimlichtuereien auf, die an ihrem Herzen und Stolz großen Schaden anrichten. Zeitgleich pikiert sich Queen Elizabeth über das Benehmen der Amerikaner, während ihr Mann Bertie immer mehr Gefallen an der Reise in die USA und Roosevelt findet.

Bill Murray beherrscht das Spiel zwischen Manipulation, Melancholie und Lebensfreude und wurde dafür nicht zu Unrecht bei den Golden Globes als bester Darsteller (Kategorie: Komödie/Musical) nominiert. Doch die ganze Geschichte wird meistens aus der Sicht von Daisy erzählt, was ziemlich einschläfernd, langweilig und ätzend wird. Das Drehbuch hat hier deutliche Lücken und schafft es nicht einen dramaturgischen Bogen zu erschließen. Man wartet die ganze Zeit auf einen Höhepunkt. Und dieser kommt und kommt nicht. Wenn sich einer definieren lässt, dann findet er ohne Daisy statt. Denn die wenigen glanzvollen Momente des Films sind die Dialoge zwischen Roosevelt und dem König höchstpersönlich. Die Zwei funktionieren so wunderbar bei ihren Annäherungsversuchen und liefern so eine der wenigen Highlights bei ’Hyde Park am Hudson‘. Ohne deren schauspielerische Leistung könnte man den Film getrost und mit der letzten Kraft des von Daisys naiven Gelaber gelangweilten Körpers in den Papierkorb verschieben.

Hyde Park On Hudson (UK 2013)
Regie: Roger Michell
Darsteller: Bill Murray, Laura Linney, Samuel West, Olivia Colman
DVD-VÖ: 04.07.2013, Universal Pictures