SON LUX – Lanterns

Tell me your way
from this fight
tell me your way
take me to an alternate world,
alternate beach,
alternate wave

(Son Lux – Alternate World)

Analog zum Songtitel des Openers ‘Alternate World‘ kann man ‘Lanterns‘ als so etwas wie einen Gegenentwurf sehen, eine alternative Sichtweise auf Popmusik, die nicht durch ihre Einfachheit besticht, sondern durch die Komplexität ihrer Arrangements. Aber auch eine klangliche Parallelwelt zum Träumen und darin verschwinden, eröffnet sich dem Zuhörer mit diesem Album.

Die Musik von Son Lux ist genauso Elektro wie Folk, genauso traurig wie auf den Tanzboden aus. Da scheint es nicht sonderlich verwunderlich, dass Ryan Lott, seine Heimat zunächst ausgerechnet beim Label Anticon gefunden hat, das so wenig wie Ryan Lott selbst, Genregrenzen zu kennen scheint, bevor er jetzt für sein neues Album ‘Lanterns’ zu Joyfully Noise wechselte.

Klassische Instrumentierung wird zu Jazz, wird zu Elektro, wird zu Folk und bleibt doch irgendwie Pop. Vertrackt und doch eingängig scheint dieses Album am liebsten im Ungefähren zu schweben ohne eine Entscheidung für oder gegen etwas treffen zu müssen. Die große Kunst alles zu vereinen ohne ein wahlloses Sammelsurium zu erschaffen, ist nicht vielen gegeben; Alt-J ist das letztes Jahr auf andere Art gelungen. Mit einer überbrodelnden Ideenvielfalt, die man sonst vielleicht noch Animal Collective und Sufjan Stevens‘ Album ‘Age of Adz‘ zuschreibt, schafft Son Lux das Mäandern zwischen den Stilen mit nahezu traumwandlerischer Sicherheit. Er zitiert sich quer durch die Musikgeschichte, bis einem der Kopf schwirrt.

‘Alternate World’ ist vielleicht noch der zurückgelehnteste, am wenigsten zerfahrene Song der Platte, so etwas wie ein verträumter, melancholischer Ausblick. Bevor ‘Lost It to Trying‘ die unruhige, überbordende Seite des Albums mit all seinen eigenwilligen Instrumentierungen aufzeigt und in einem Finale aus Saxophon, Flöten, allerhand flirrenden Sounds und dramatischer Percussion endet. Auch ‘No Crimes‘ scheint kein Ende was Einfallsreichtum und Überlagerungen angeht zu kennen und hängt dabei zwischen hypnotisch und nervtötend, fesselnd und anstrengend. Chorus legt sich über Chorus; hysterische Geigen, die sich immer weiter aufschwingen und Synthiesounds, die brachial dazwischenfunken treiben den Song zum Ende.

Easy‘ hingegen scheint geordneter, minimalistischer, aber nicht minder ausgetüftelt arrangiert – eine kurze Verschnaufpause bis das Saxophon immer wieder mit nur wenigen Tönen in den Song einbricht. Jede Ruhe dieses Albums scheint trügerisch, wie ‘Plan The Escape‘ zeigt, das immer weiter anschwillt und schlussendlich doch in geordnetem Chaos versinkt.

Son Lux hat mit ‘Lanterns’ ohne Frage ein eindrucksvolles Album geschaffen, wenn auch ein forderndes. Kein Album, das einen auf der Gefühlseben anspricht, dazu ist es zu vertrackt, zu opulent, zu gewollt herausfordernd, vielleicht auch zu gewissenhaft arrangiert und produziert, aber es ist allemal ein Album für den Kopf über das man lange nachdenken muss.

Son Lux – Lanterns
VÖ: 25. Oktober 2013, Joyful Noise
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