SIBIRISCHE ERZIEHUNG – Filmkritik

Wir müssen alle lebenden Kreaturen respektieren. Mit Ausnahme der Polizei, Leute die für die Regierung arbeiten, Bänker. Diesen Menschen etwas wegzunehmen ist erlaubt.

(Großvater Kuzya – Sibirische Erziehung)

Gabriele Salvatores
Sibirische Erziehung‘ ist kein außerordentlicher Film. Das auf den Memoiren von Nicolai Lilin basierende Drama über eine Jugend inmitten der sibirischen Urka erzählt eine Geschichte, die man so ähnlich schon häufiger gesehen hat: Ein armer Junge wächst im Schoß einer mafiösen Vereinigung auf, muss diverse Prüfungen bestehen, verliebt sich, reift zum Mann und sein bester Freund aus Kindertagen steht ihm später als erbitterter Feind gegenüber.

ScorsesesGodfellas‘ war hier sicher ein Vorbild, man erkennt zudem Motive aus ‘Der Pate‘ oder ‘Little Cesar‘. Wer sich jedoch auf die simple Geschichte und die hanebüchene Tatsache, dass alle Schauspieler Englisch mit russischem Akzent sprechen, einlässt, wird gut unterhalten.

John Malkovich gibt den Paten mit ganz eigenen Vorstellungen von der „ehrlichen Kriminalität“. Polizisten und Bänker sind vogelfreier Abschaum, Geld kommt nicht ins Haus. Wo ‘Gomorra‘, der letzte große italienische Mafia-Film, auf Realismus setzte, erzählt Salvatore seinen Film als modernes Märchen in leuchtend bunten Digitalbildern. Das driftet zuweilen in eine kitschige Kleine-Jungs-Fantasie mit allzu viel Cowboy-und-Indianer-Gehabe ab und verliert dabei an Glaubwürdigkeit. Beispielsweise muss die Geschichte eines Mannes in tätowierter Form auf seinem Körper zu lesen sein. Dies übernimmt dann der leicht durchgedrehte, aber nicht unsympathische Ink (Peter Stormare), der die Dramaturgie nach seiner Ankunft angenehm beschleunigt.

Stormare und Malkovich ist es wohl zu verdanken, dass man ‘Sibirische Erziehung’ dann doch eine Schauempfehlung aussprechen kann. Der dick aufgetragene Machoismo und das Fehlen guter weiblicher Charaktere (die einzige Protagonistin ist geisteskrank) bleiben aber anstrengend.

3von5

Educazione siberiana (IT 2013)
Regie: Alexander Payne
Darsteller: Arnas Fedaravicius, Vilius Tumalavicius, Eleanor Tomlinson, John Malkovich, Peter Stormare
VÖ: 03. Dezember 2013, Ascot Elite Home Entertainment

 

Sebastian Ladwig

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