METRONOMY – Interview


© ST. Weicken

Aus dem Backstage schallt von Shola Ama ‘You Might Need Somebody’ als ich vor der blauen Eisentür auf mein Gespräch mit Metronomy Mastermind und Frontmann Joseph Mount warte. Immer wieder drücken sich Crewmitglieder in dem engen Gang an mir vorbei.

Eine Stunde vor der Show in der Batschkapp in Frankfurt ist die Stimmung geschäftig, aber entspannt. „Kann ich nach dem Interview noch ein Portrait machen?“, frage ich den PR Mann, der mich in Empfang nimmt. „Sollte klappen! Du hast 25 Minuten Interviewzeit, 5 Minuten Fotos.“

Als ich Joe nach einer kleinen Wartezeit endlich gegenüber sitze ist er freundlich, sieht jedoch müde aus. Liegt wohl daran, dass er gerade erst aus Paris gekommen ist und sich auf dem Weg zur Location verfahren hat. Einige der neuen Lieder auf ‘Love Letters‘ sind in der Stadt der Liebe geschrieben und danach analog auf Band in London aufgenommen worden, erzählt er. Joe’s Stimme darauf roh, manchmal nicht 100-prozentig auf den Punkt, fast dünn – ein Kontrastprogramm zu den glattgebügelten, autotune-vernebelten Popgesängen aus dem Radio.

Ich frage ihn, ob er sich Sorgen darum gemacht habe, wie Leute den neuen Metronomy Sound aufnehmen würden, aber er winkt ab. Mittlerweile habe er ein gesundes Selbstbewusstsein, was seine Entscheidungen als Produzent und Musiker an geht. Die Platte sei von vorne bis hinten durchdacht und sehr bewusst entstanden.

Dazu habe gerade die Aufnahme in einem analogen Studio, ohne die Möglichkeit digitaler Nachbearbeitung beigetragen. „Das hat mich dazu gezwungen mich viel besser zu organisieren, da wir die Lieder in Echtzeit aufgenommen und die endlosen Nachbearbeitungsformen des digitalen Studios gefehlt haben. Der Sound der dabei herausgekommen ist, unterscheidet sich von allem was ich bis jetzt gemacht habe, aber lässt jeden Song auch für sich stehen. Sorgen habe ich mir eigentlich keine gemacht. Wenn einem meine Stimme auf ‘Love Letters’ nicht gefällt wird man sie wohl auch sonst nicht mögen.“

Trotz des bewussten Schritts weg vom digitalen erinnert mich besonders das Intro zu ‘Monstrous‘ an einen 8-Bit Track und lachend gibt Joe zu, sich dabei von seinem früheren Lieblingsspiel Collums, eine Art Tetris auf Sega, inspirieren haben zu lassen. „So was hätte ich früher niemals zugegeben – das wäre mir total peinlich gewesen! Aber jeder hat seine Geschichte und manchmal inspirieren einen eben auch Dinge wie das.“

Der PR Mann unterbricht uns, leider hätten wir doch weniger Zeit als gedacht und in 10 Minuten müsse das Interview und die Fotos erledigt sein.

Ok, dann aber schnell! Welches war nochmal die nächste Frage? Ich komme ein bisschen ins Schwitzen und verhasple mich als ich Joe frage, warum es ihm so wichtig war das neue Album analog aufzunehmen. Gerade die leicht gebrochene Stimme ließe es fast Demo-artig wirken und gebe gleichzeitig ein Gefühl von Intimität.

„Demo-artig!“ ruft Joe aus und lacht. „Das wäre echt blöd gewesen wenn wir all diese Platten rausgeschickt und dann gemerkt hätten ‘Shit, das war ja nur die Demoversion!’ Aber im Ernst, ich denke ein Album analog aufzunehmen ist vergleichbar mit dem schreiben von Briefen. Klar, eine SMS wird immer schneller ankommen als ein Brief, aber niemals eine solch schöne Geste sein und niemals die Art von Emotion auslösen wie ein Brief es kann.“ Eine erstaunlich kurze aber durchaus befriedigende Antwort.

„Fünf Minuten noch!“, droht der trotzdem durchwegs sympathische PR Mann aus dem Off. Mir bricht vollends der Schweiß aus.

Ob es auch die Entscheidung der Band gewesen wäre zu den Echtzeitaufnahmen der Songs ein Single-Video zu drehen, welches nur aus einem einzigen Take, ohne Schnitte besteht, will ich wissen. Quasi das visuelle Pendant zur Single „Love Letters“.

„Wenn man mit dem Star Regisseur Michael Gondry arbeitet dann lässt man ihn einfach machen. Ich hatte mir aber schon gewünscht ein Video zu drehen in dem wir  ‘live’ spielen und unsere Outfits haben wir auch ausgesucht. 

Michael ist ein total technischer Perfektionist. Natürlich haben wir mehrere Takes gedreht aber manche mussten wir verwerfen weil ein kleiner Kamerafehler drin war. Ich hatte schon ein bisschen Angst, dass er am Ende gar nicht mehr darauf achtet wie wir überhaupt aussehen. Ich habe zu den anderen gesagt, sie sollen spielen als ob es das letzte wäre was sie jemals tun würden.“ Er lacht als er sich beschwert, er hätte in einem anderen Take viel besser ausgesehen.

Die fünf Minuten sind rum und ich habe noch kein Bild gemacht. „Machen wir aus den 5 Minuten doch 9, wohin soll ich denn?“ Ich entschuldige mich bei dem ein wenig angespannt wirkenden PR Mann und führe die beiden aus dem dunklen Interview Raum in die gnädig noch scheinende Abendsonne.

Als ich Joe vor der blauen Fassade positioniere und in die Kamera schauen lasse frage ich ihn scherzhaft, ob ihn fotografiert werden traurig mache, ich hätte ihn noch auf keinem Bild lächeln sehen.

Prompt grinst er breit. „Ne, ich mag nur mein Gesicht nicht so sehr wenn ich lache.“ Der PR Mann und ich nicken verständnisvoll. „Können wir die Bilder noch sehen?“ Ich halte den beiden meine Kamera hin. „Alles klar, wir müssen dann rein, sorry nochmals wegen des Stress’!“ entschuldigt sich der PR Mann. Alles kein Problem, versichere ich. Die beiden verschwinden im Gebäude.

Ich atme das erste Mal seit einer halben Stunde richtig aus.

Teresa

Foto-und Videographin, Fotoredakteurin und Bedroomdisco-Lover

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