Wye Oak’s neues Album ‘Shriek‘ ist sicherlich eins der mit der meisten Spannung erwarteten Releases des Jahres, nachdem das Duo aus Baltimore Anfang des Jahres angekündigt hatten, auf dem neuen Album gröβtenteils auf Gitarren zu verzichten – ungewöhnlich für eine Band, deren Songs bislang durchaus zu groβen Teilen auf Sängerin Jenn Wasners Gitarrenspiel basierte.
Nach dem weltweiten Erfolg des Vorgängers ‘Civilian‘ und der dazugehörigen Tour, auf der die Band um die 200 Shows in einem Jahr spielte, waren Jenn Wasner und ihr musikalischer Partner Andy Stack ausgebrannt. Stack zog an die Westküste, nach Oregon, während Wasner der Ostküste treu blieb – ein weiteres Album schien zunächst in weiter Ferne. Doch die räumliche Trennung brachte beide musikalisch wieder näher zusammen. Nachdem Wasner sich etwas erholt hatte, begann sie erneut, zu schreiben – und Stack brachte aus der Entfernung seinen Input dazu. Durch diese für beide neue Art des Songwritings veränderte auch die musikalische Richtung, in die ‘Shriek’ selbstbewusst marschiert.
Wye Oak waren nie eine statische Band, auch wenn sie mit dem letzten Album ‘Civilian’ von der Musikpresse gerne in die Shoegaze-Schublade gesteckt wurden, die aber nie so richtig passen wollte. Auf ‘Shriek’ zeigt sich, dass sich Wasner und Stack noch einmal erneut neu erfinden. Vom Shoegaze ist nicht viel übrig geblieben, stattdessen ist ‘Shriek’ wesentlich elektronischer und moderner als das dunkle, erdige ‘Civilian’. Auch wenn man zu Beginn die samtigen, weichen Gitarrenläufe glaubt zu vermissen, zieht einen ‘Shriek’ mit seinen verstärkten Elektrosounds ziemlich schnell in seinen Bann.
‘Before‘, der erste Track des Albums beginnt mit eher untypischen, nervösen Keyboardsounds und einem zuckenden Schlagzeug, doch sobald Wasners traumhaft sphärischer Gesang einsetzt, ist es wieder da – diese sehnsüchtige Gefühl, das schon ‘Civilian’ so wunderbar zu vermitteln wusste – Gitarren hin oder her. „This morning / I woke up on the floor / Thinking I’ve never dreamed before…” singt Wasner, und beschreibt damit perfekt die Stimmung dieser ersten Tracks auf ‘Shriek’, die allesamt eher melancholisch und dunkel daherkommen. ‘Shriek‘, der Titeltrack ist ein wunderbarer Slowburner, mit Stacks spielerischen Keyboardsounds als perfektem Kontrast zu Wasner kehligem Gesang, der immer so genau dahin trifft, wo es weh- (oder gut) tut.
Erst zur Mitte des Albums dreht sich die Stimmung, mit Songs wie dem groβartigen, hypnotisch-vibrierenden ‘School of Eyes‘ oder ‘Paradise‘, das bedrohlich verzerrt und mit einem treibenden Piano beginnt, um sich dann in eine sphärische Explosion hochzuschrauben. Das Highlight ist aber eindeutig der letzte Track, ‘Logic of Color‘, ein elektrisierender Ohrwurm mit wunderbarer Melodie, der sich sofort im Gehörgang festschraubt und wohl der poppigste, eingängiste Song des Albums ist.
‘Shriek’ ist Wye Oaks fortschrittlichstes Album, mit dem sie zeigen, dass das Potential dieses zwei Personen-Kraftwerks noch lange nicht ausgeschöpft ist. Das Album steckt voll groβartiger Melodien, vertrackter Ideen, innovativem Songwriting und bleibt vom ersten bis zum letzten Song spannend. Dominiert von Wasners exzellentem Gesang ist dies ein Album, das die Band hoffentlich noch weiter auf die musikalische Bildfläche katapultieren wird.
Wye Oak – Shriek
VÖ: 25. April 2014, City Slang
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