Während seine Schulfreunde R’n’B abfeiern, sitzt Etnik Zarari mit 13 Jahren nachts vorm Videorekorder, um VIVA Club Rotation aufzunehmen und beginnt, heimlich Sven Väth zu hören. Mit gerade mal 18 wird er von einem Warner-A&R entdeckt und kurzerhand unter Vertrag genommen. Inzwischen hat der 22-jährige Hamburger unzählige Gigs auf der ganzen Welt gespielt, deadmau5 auf Deutschland-Tournee supportet und veröffentlicht nun auf dem Skrillex-Label OWSLA seine neueste EP ‘Unclassified’. Wir trafen den adretten jungen Mann mit dem akkuraten Oberlippenbart zum Interview.
Band facts
Name: Etnik Zarari
Residence: Hamburg
Current album: Unclassified
Questionnaire:
Durch deine Tracks zieht sich eine Entschlossenheit und Ausgefeiltheit, die man nicht häufig in der elektronischen Musik findet.
Danke, das freut mich sehr, zu hören! Ich finde auch negative Kritik sehr wertvoll, aber wenn man etwas Positives hört, weiß man, dass die Arbeit sich wirklich gelohnt hat. Ich feile sehr lange an meinen Tracks und lege großen Wert darauf, dass sie wirklich alle nach ETИIK klingen. E: Ich lege eine große Portion Perfektionismus an den Tag und arbeite mit dem Anspruch musikalisch immer besser zu werden. Zwar spreche ich mit meiner Musik noch keine breite Masse an, aber die Leute, die meine Musik bewusst hören, sind für feine Veränderungen und Weiterentwicklungen empfindsam und merken auch, wie ich an meinen Tracks feile und Nuancen feiner und hochwertiger werden. Ich nehme mir da sehr viel Zeit für und es ist schön, dieses Feedback zu bekommen.
Auf deiner neuen EP ‚Unclassified’ trifft Rap auf Elektro. Wolltest du durch diesen Mix eine breitere Hörerschaft erreichen oder einfach mit den Stilen herumexperimentieren?
Ich habe das gemacht, um auch die Leute anzusprechen, die nicht typischer Weise Techno hören. Mich langweilt es auch selbst, wenn ich monoton eine Schiene fahre. Daher versuche ich, in den EPs immer einen Ausreißer zu machen. Sonst verliert man sich schnell im „4-on-the-floor-Produzieren“. Ich möchte mich dabei aber nicht auf bestimmte Genres festlegen, vielleicht bediene ich mich für die nächste Single ja beim Rock.
Wie ist die Kollaboration mit Mykki Blanco zustande gekommen? Kanntest du ihn/sie vorher schon? Er/sie ist ja nicht unbedingt der stereotype Rapper …
Ich wusste vorher auch nicht genau, wie ich Mykki bezeichnen soll – ehrlich gesagt kannte ich ihn nicht. Der Vorschlag kam vom Label OWSLA. Als ich mich mit ihm befasst habe, fand ich die Vorstellung super, dass so ein extremer Typ auf meine extremen Beats rappt. Ich wollte etwas machen, dass ‚outstanding’ ist und das ist uns in meinen Augen gelungen. Die bisherigen Reaktionen bestätigen das.
Da treffen ja auch vom Image her Gegensätze aufeinander: dein glatter, ordentlicher ETИIK -Techno und sein rauer, verrückter Rap.
Ja, da prallen totale Gegensätze aufeinander. Genau das wollte ich, denn eine Zusammenarbeit mit jemandem, der genau so ein Perfektionist ist wie ich, hätte sich irgendwo im nirgendwo verloren. Mit den Extremen zu spielen ist genau mein Ding. Dieser Release ist wirklich wie eine Bombe eingeschlagen. Die Leute reden darüber, denn eine Diva, die auf einen krassen Beat kappt, polarisiert. Vielleicht befürchten manche, dass ich jetzt auf die Hip Hop- oder Trap-Schiene aufspringe, aber das mache ich nicht. Bei allem, was ich tue, ist mir wichtig, dass es zum Namen und der Signatur ETИIK passt.
Diese Zielstrebigkeit ist beeindruckend, du bist ja auch noch recht jung. Als du anfingst, eigene Tracks zu produzieren, durftest du offiziell noch gar nicht in Clubs gehen. Wann und wie bist du mit elektronischer Musik in Berührung gekommen?
Danke! Bei mir hat das so zwischen 12 und 14 angefangen. Sven Väths ’Dein Schweiß’ und Ben Benassis ’Satisfaction’ waren die Techno-Hymen der damaligen Zeit und ich war der einzige im Freundeskreis, der das zuhause heimlich gehört hat. Zu der Zeit war R’n’B total in, aber mich hat schon immer das Extreme gereizt. Nachts hab’ ich mir Viva Club Rotation auf VHS aufgenommen – das fand ich richtig super! Ich glaube, die Sammlung hab’ ich noch im Keller. Für mich ist das wirklich die tanzbarste Musik.
Bei elektronischer Musik gehört zum Gesamterlebnis ja auch der Club an sich: das Licht, die Leute, der ganze Vibe …
Genau, in erster Linie produziere ich auch Musik für den Club. Ich bin sehr froh, dass es heutzutage die Möglichkeit gibt, über das Internet Menschen auf der ganzen Welt mit seiner Musik zu erreichen. Das konnte die frühere Generation ja noch nicht.
Womit ja auch eine unheimliche Schnelllebigkeit und Konkurrenz um Aufmerksamkeit einhergeht. Hast du neben dem Produzieren und Auflegen noch einen Plan B?
Ich bin mir bewusst, dass es als Musiker schon morgen ganz anders um einen stehen kann. Der Erfolg erzeugt ja auch einen großen Druck. Plötzlich heißt es, „liefere bis morgen mal nen Remix ab“, obwohl man in dem Moment vielleicht gar keinen kreativen Input geben kann. Aber dann geht man eine Runde spazieren und setzt sich dann wieder dran. Mein musikalischer Anspruch an mich selbst ist ohnehin sehr hoch, ich will immer besser werden. Ich denke, wenn man einmal im Musikbusiness landet, bleibt man dort oft für immer. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich irgendwann mal einen „normalen“ Beruf ausübe. Mein Wunsch ist, so erfolgreich zu werden, dass die Leute meinen Namen kennen und denken ‚ „Der Etnik – der weiß, was er tut und macht das schon seit über 30 Jahren“.
Du legst ja auch auf, hast du hier in Berlin schon irgendwo gespielt?
Ich liebe es, beim Auflegen die Reaktionen des Publikums auf meine Musik zu beobachten und den Vibe einzufangen. Das ist auch super, um neue Beats auszuprobieren. Am liebsten sind mir so 200-300 Leute, ansonsten verliert sich das. Ich habe hier mal im Gretchen und im Ritter Butzke aufgelegt, das war toll.
Wie sieht es bei dir mit musikalischen Vorbildern aus?
Da gibt es definitiv jemanden: den kanadischen DJ und Produzenten Tiga. Der ist inzwischen 40 Jahre alt und immer noch jedes Wochenende auf der ganzen Welt unterwegs und voll dabei. So einen Namen möchte ich mir als Musiker auch gerne machen.
Glaubst du, dass deine Musik im Ausland als „deutscher“ Techno wahrgenommen wird?
Ja, definitiv. Ich finde das auch gar nicht schlecht! Auch, wenn ich mit Bezeichnungen wie „neue deutsche Technolegende“ oder „Wunderkind des deutschen Techno“ nicht viel anfangen kann – obwohl ich sie natürlich unheimlich schmeichelnd finde. Im Moment funktioniert die Marke ETИIK im Ausland besonders gut. Ich habe gemerkt, dass beispielsweise die Leute in L.A. sich nicht mit Charts-Musik zufrieden geben, sondern viel Zeit damit verbringen, auf Soundcloud zu stöbern. Die haben Bock auf etwas Neues. Als Musiker so gefunden zu werden, finde ich klasse.