SUPERSHIRT – Interview

Es ist Zeit für den Abschied, denn eine der Speerspitzen der Elektropunk-Bewegung verlässt den Audiolith-Dampfer und winkt leise, schemenhaft im Stroboskop-Gewitter zu erkennen. Supershirt haben sich entschlossen nicht mehr länger Band zu sein und werden im Herbst mit einigen letzten Auftritten ihren Fans noch mal ordentlich einheizen, bevor man getrennte Wege geht. Grund genug in Erinnerungen zu schwelgen und natürlich auch bei der Band nachzufragen, welche Gründe der Schlussstrich hat und was die besten und unschönsten Momente der Bandgeschichte waren. Wir summen noch ein mal ‘8000 Mark‘, öffnen eine Faxe-Dose und lassen die drei in unserem Kondolenz-Interview zu Wort kommen!

1.) Fakten

Name: Supershirt
Mitglieder: 3
Gründungsjahr: 2007
Wohnort: Rostock, Berlin & Leipzig
aktuelles Album: Der Vierte Affe

2.) Fragenkatalog

Ihr habt nun fast ein Jahrzehnt lang zusammen als Supershirt Musik gemacht damit ist demnächst Schluss. Wie kam es zu dem Entschluss, was sind die Gründe?
Es sind eigentlich sehr pragmatische Gründe. Man will es zwar nicht warhaben aber man wird auch mal zu alt für eine bestimmte Sache. Man merkt, dass andere Dinge mehr und mehr in den Mittelpunkt des Lebens rücken, welcher vorher die Musik und die Band war. Irgendwann schmeckt das Bier einfach nicht mehr.

Im Herbst wird es noch mal vier Konzerte geben habt ihr daneben noch etwas zum Abschluss mit dem Projekt Supershirt geplant?
Die Konzerte sind der geplante Abschluss. Was könnte man als Band denn noch schöneres machen als ein Konzert zu spielen? Außerdem ist es ja eine Beerdigung das sollten sich eigentlich die Gäste der Beerdigung was schönes für uns ausdenken oder zumindest den Sarg bezahlen.

Wisst ihr schon, was ihr am Tag nach dem letzten Konzert machen wollt?
Wir werden gemeinsam Frühstück essen, dann vom Stadthafen Rostock eine Hafenrundfahrt antreten und uns am Nachmittag mit festem Händedruck verabschieden, bevor sich alle in ihre Wohnorte begeben.

War es das komplett für euch mit der Musik nach den Konzerten? Wie wird es weiter gehen?
Marco spielt bei Captain Capa Gitarre. Und auch Hendrik und Henry haben die Rechner und Instrumente nicht weggeworfen. Der Sperrmüll wird aber auch erst in 3 Wochen abgeholt.

Was mochtet ihr am liebsten an der Zeit und warum: Das Songschreiben und Proben im Proberaum, das Touren und die Konzerte, Interviews und Pressetermine oder etwas ganz anderes, an das wir gerade nicht gedacht haben?
Die Momente nach den guten Konzerten, wenn wir zufrieden und geflasht waren und uns dann zu einem Glas Wein in ein Nobelhotel haben shutteln lassen. Oder eben wenn wir uns sturzbetrunken im schmutzigen Backstage unter einer Pferdedecke in den Schlaf geweint haben.

Gibt es etwas, dass ihr an der Zeit bereut? Oder etwas, dass ihr bereut nicht gemacht zu haben? Was?
Wir hätten nicht nach Dorfen fahren sollen. Wir hätten früher anfangen sollen, in Restaurants zu gehen. Und wir bereuen jedes Bier, das wir im Backstage-Kühlschrank zurücklassen mussten. Wir bereuen ebenfalls diesen Anhalter von Schwerin nach Cuxhaven mitgenommen zu haben, den wir noch auf sein ScheißSchiff bringen mussten total ab vom Schuss. Mecke hat den damals angeschleppt “Ey Leute, ich hab hier im Zug nen total ulkigen uralten Matrosen kennengelernt den können wir doch n Stück mitnehmen” boah eh, schlimm. Aber immerhin hatte er neue Zähne die schön anzusehen waren.

Ihr wart ja nie um Punshlines verlegen in euren Texten habt ihr rückblickend eine Lieblingszeile / eine Zeile, die ihr froh seid, nie wieder singen zu müssen?
Alles, was 8000 Mark enthält und natürlich nie wieder die Interviewfrage “Wieso heißt ihr Supershirt” beantworten zu müssen.

Rückblickend: Was waren die schönsten, was die schlimmsten Momente für euch als Supershirt?
Schlimm: Dorfen, das war wirklich schlimm
Schön: Als wir aus Dorfen weggefahren sind. Und der Tag an dem wir den Rasthof Lederhose in der Ortschaft Lederhose entdeckt haben, der Wirt Uli uns einen halben Fasan für 9 Euro und seine mexikanische MiniGurkenzucht im Garten hinter dem Gasthof präsentierte.

Wenn ihr die Erwartungen, die ihr bei der Bandgründung mit dem bis hierhin erlebten vergleicht wie deckt sich die Erwartung, habt ihr alles erreicht, was ihr wolltet, was hättet ihr euch gerne noch auf die Fahne geschrieben?
Es gab nie wirkliche Erwartungen. Es war immer planlos bei uns und umso schöner wenn man auf einmal mit einem winzigen Wohnmobil auf dem Soutshide/Hurricane neben dicken Nightlinern stehen durfte, sich daneben benahm, Bier mopste und die Chemietoilette an einem der vorher erwähnten Nightlinern entleerte.

Unter welchen Bedingungen würden sich Supershirt zu einer Reunion bewegen lassen?
Unter keinen Bedingungen. Wir sind ja nicht Howard Carpendale und nehmen die Liebhaber/innen unserer Musik mit so einem Trick finanziell aus. Wir glauben auch nicht, dass ein BestOfAlbum Sinn machen würde. Vielleicht finden unsere Nachfahren eines Tages unveröffentlichtes Material, mieten sich Stimmdoubles und bringen Supershirt The Lost Tapes raus.

Was habt ihr in 2014 gelernt?
Sehr viel über Netzwerktechnologien, Java, MySQL, Rechnungswesen und Windeln wechseln

Eure Top 3 Alben von 2015 bisher und warum?
● Love A “Jagd und Hund” verbindet musikalisch Punk und Wave und textlich jugendliche Aggression und Altermilde
● Bilderbuch “Schick Schock” sind halt Wiener und daher per se cool
● Zugezogen Maskulin “Alles brennt”. Auf solche Texte wären wir auch gerne mal gekommen.

Welcher Song passt zu eurer aktuellen Situation?
Bernd Begemann mit “Unsere Band ist am Ende” (alle lachen, haha)

 

Welcher Song lässt euch immer tanzen, unabhängig von der Situation?
Desillusion von Christiane Rösinger, zu Superpunks “Neue Zähne für meinen Bruder und mich” kann man immer geil grölen und tanzen. Naja und Techno natürlich geht immer. Achso, und das Lied Frogger von der Gruppe Atari.

Wie würde eure eigene „Bedroomdisco“ aussehen?

Disco im Schlafzimmer? Wir sind über 30. Alle raus hier, Ihr jugendlichen Verbrecher. Eure Liköre könnt ihr woanders trinken und macht das Bummbumm aus.

Wer hat den Fragebogen beantwortet?

wir alle

Dominik

Bedroomdisco-Gründer, Redaktions-Chef, Hans in allen Gassen, Golden Leaves Festival Booker, Sammler, Fanboy, Exil-Darmstädter Wahl-Hamburger & happy kid, stuck with the heart of a sad punk - spreading love for great music since '08!

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