‘Aus deinem Wohnsitz in der Tiefe
Schreibst du deinen Freunden Briefe
Sie lesen jede Zeile
In der Oase der Langeweile
Jetzt wo auch dieser Tag zu Ende geht
Bemerkst du, wie der Wind sich dreht
Du zitterst noch und hörst in dich hinein
Liebe wird das Ereignis sein’
Tocotronic – Prolog
Nun mehr seit über 20 Jahren sind Tocotronic Konzeptträger der Hamburger Schule und dem Diskursrock. Ihr neues, bereits elfte Studio Album soll in erster Linie ein Konzeptalbum für die Liebe sein und genau damit bewegt sich die Band auf vorbelastetes Terrain, denn Freunde von Kitsch und über-romantisierten Herzschmerz waren die vier Herren nie. “Über Liebe singen ohne peinlich zu sein” und dabei die eigenen Motive aus den Augen verlieren, scheint die größte Herausforderung des ‘roten Albums‘ zu sein. Weltschmerz und Verweigerung wie immer inklusive.
Und nicht nur inhaltlich kehren die Hamburger auf zu neuen Ufern – auch musikalisch scheint das Album vielfältiger. Der Einsatz neuer Strukturen, neuer Instrumente und schließlich die Zusammenarbeit mit Sounddesigner Markus Ganter (der bereits verantwortlich für Sizarr und Casper etc. war) reformiert den Sound maßgeblich ohne dabei zu verfälschen. Gerade in den ersten zwei Songs ‘Prolog’ und ‘Ich öffne mich’ spiegelt sich da eine Weiterentwicklung wider.
Alles in allem bleibt Tocotronic aber einer dieser intellektuellen Bands, die es vermeidet zu poppig zu klingen um dem Strudel des Mainstreams zu umgehen. Das aber eben diese Band sich herablässt sich ein so alltäglich, trög-durchgekautes Thema vorzunehmen, ist schon beachtlich und kann nur als evolutionärer Sprung in der 20 Jährigen Bandgeschichte angesehen werden.
Das rote Album ist aus einem logischen Guss: Das Konzept Liebe glückt.
Tocotronic – Das rote Album
VÖ: 01.05.2015, Vertigo Berlin / Universal
http://www.tocotronic.de/
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