Redefine who you are
Given time to heal the scars
It’s enough to wash away
All the things that didn’t stay
(Jono McCleery – Ballade)
Selten hat man das Gefühl beim Hören einer Platte wirklich Neues zu entdecken. Jono McCleery schafft das mit seinem Drittwerk ‘Pagodes‘, das jetzt bei If Records erschienen ist. Nachdem schon seit letztes Album vor vier Jahren viele gute Kritiken einheimsen konnte, hat er beim Songwriting keinen Gang zurückgeschaltet. Er mischt verschiedenste Klänge, arrangiert opulente Streicher Sätze, jazzt mit seiner Stimme orientalisch durch die Tonleitern, die Texte düster und schön. Wichtig bleiben aber natürlich auch die sanften Pickings auf der Akustik-Gitarre. Das ist Kunst.
‘This Idea Of Us‘ leitet das Ganze ein. Sehr gefühlvoll eingesetzte Streicher, ein durchlaufendes Gitarrenpattern wie man es von José Gonzalez kennt und viel orientalische Melodieführung. Gegen Ende baut sich das Stück stark auf und klingt dann so sanft ab wie es angefangen hat. Man spürt schon jetzt, dass hier etwas besonderes geschaffen wurde. Der zweiten Song ‘Age Of Self‘ stammt aus der Feder des britischen Musikers Robert Wyatt. McCleery macht aus dieser 80er Anti-Thatcher Hymne seinen eigenen Song. ‘Since I‘ beginnt mit schimmerndem Sound und vorsichtig elektronischem Beat. Im Hintergrund ein Knistern einer Vinylplatte. „Since I found you, Hands of stone shatter glass, Since I held onto you, We felt our spirit grow“
In ‘Painted Blue‘ klingt seine Stimme so sehr nach Fink, dass man sich wirklich unsicher werden kann, wer da jetzt singt. Prägend für diesen Song sind die unterbrechenden Scratches, die den sonst einheitlichen Song ein bisschen aufbrechen. Der Refrain ist herrlich und einprägsam: „And turn your soul into the one you held onto was true.“ Mit einem holprigen off-Beat und einer nach Harfe klingenden Gitarre ist ‘Ballade‘ der erste ganz vorsichtig gesagt schwungvolle Track. Mit Bläsern, Klimpern und einem kurzen nach Klangkunst klingendem Break sehr überzeugend. Das ist so noch nicht da gewesen und es groovt wahnsinnig.
‘Clarity‘ kombiniert dann Beat mit Streichern. Stimmlich ist es wieder eher jazzig. Er schafft es hier auch wieder so mit dem Beat zu arbeiten, dass man ihn nicht einfach mal mitklopfen kann und trotzdem ist er im Gesamten die heimliche Stütze des Songs. Und es geht immer weiter mit der bunten Mischung: Bei ‘Halfway‘ mit Trompeten und ausnahmsweise klarem Beat, opulenten Streichern und den Worten: „I keep believing that you are halfway high“. Ganz an die Schönheit der Gitarre hängt er sich mit klagender und teils gedoppelter Stimme, wie man sie ebenfalls von Fink kennt, bei ‘Bet She Does‘.
Beim vorletzten Stück ‘Pardon Me‘ kommt nach purem Piano und McCleerys Stimme noch ein kurzes frickliges E-Gitarren Solo. Perfekt eingesetzt an dieser Stelle. ‘So Long‘ schließt das Werk mit einem Orchester, das den Beat vorgibt. Jetzt sogar mit Paukenklang und dazu diese herausragende Stimme. Es wirkt wie die meisten Stücke auf der Platte, wie ein aufwändig komponiertes Werk eines Meisters.
Jono McCleery überzeugt hier in allen Hinsichten. Er komponiert dieses Album von vorne bin hinten durch und lässt sich nicht im geringsten eingrenzen was die Kreativität angeht. Von kratzenden Geräuschen und Scratching über elektronische Beats, bis hin zu romantischem Orchesterklang und ungemütlicher Jazz-Harmonik bietet ‘Paragodes’ fast zu viel um wahr zu sein. Es ist nicht einfach nur dick aufgetragen, sondern auch in den entscheidenen Momenten zurückhaltend. Das alles wäre es nicht ohne seine Stimme, die mit ehrlichem Gefühl und einer unheimlichen Präzision besticht ohne sich dabei selbst einzugrenzen. Er kann es einfach und bringt den Beweis, dass Pop Musik nicht aus einem Mix des letzten Jahrhunderts bestehen muss. Danke Mr. McCleery!!
Jono McCleery – Pagodes
VÖ: 27. November 2015, If Music
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