So if you’re gonna hurt me
Why don’t you hurt me a little bit more?
Just dig a little deeper
Push a little harder than before.
(Låpsley – Hurt Me)
Holly Lapsley Fletcher ist gerade mal 19 Jahre alt, und in Anbetracht ihres erstaunlich ausgereiften und originellen Debütalbums ‘Long Way Home‘ mag man das eigentlich kaum glauben. Nachdem sie im letzten Jahr mit der hervorragenden ‘Understudy‘-EP bereits grosses Aufsehen erregte, legt das erste Album nun kräftig nach.
Auf den ersten Blick möchte man meinen, dass die junge Britin nach einem reichlich populären Konzept arbeitet: zarte Indie-Electronica Balladen á la James Blake oder Jessie Ware treffen auf Synthie-lastige Midtempo-Songs und souligen Gesang – aber schon beim zweiten Durchhören wird klar, dass Låpsley in ihrer ganz eigenen Kategorie spielt. Jeder ihrer Songs trägt ihre ganz eigene Handschrift – eine Tatsache, die für das Debütalbum einer 19-jährigen wirklich ganz beachtlich ist.
‘Station‘, ein Song, der in einer früheren Version bereits auf ihrer ersten, selbstveröffentlichten EP zu hören war, ist eine unglaublich eingängige, aber dennoch wunderbar intime Ballade über eine Liebe, die auseinanderzudriften droht – und die einen zuerst glauben lässt, es handle sich hier um ein Duett. In Wirklichkeit singt Lapsley jedoch beide Seiten des Dialogs – und hat dafür clever ihre Stimme in einigen Strophen einfach mal elektronisch eine Lage tiefer gelegt. Doch die wirklichen Überraschungen verbergen sich in Songs wie dem unfassbar funky ‘Operator‘ – ein Song so vintage, als käme er direkt aus dem Studio 54, und auf dem Lapsley mit einer unerklärlichen Lässigkeit zu einem swingenden Beat und Gospel-Chören über einen teilnahmslosen Liebhaber croont: “He doesn’t call me, so put me through – Operator!” heisst es da mit einem Augenzwinkern, und allein für diese funky Hommage an die Discojahre der 70er verdient Låpsley sämtliche Orden.
Ein Attribut, mit dem die junge Dame immer wieder in Verbindung gebracht wird, ist dass sie “wise beyond her years” sei – und das hört man vor allem deshalb so oft, weil es einfach stimmt. Dass eine so junge Künstlerin bereits ihren so eigenen, originellen Stil gefunden hat und sich darin nicht beirren lässt, ist eben einfach beeindruckend. Das heisst nicht, dass sie sich nicht von anderen inspirieren lässt: ‘Love Is Blind‘ beginnt mit einem fast schon CHVRCHES-artigen Synthie-Riff und schraubt sich zu einem der poppigste Songs des Albums hoch, während ‘Leap‘ eine atmosphärische Ballade a la James Blake ist, der sie aber mit dem Einsatz von leise wabernden Elektro-Elementen ihre ganz eigene Handschrift verleiht.
Låpsley hat keine Angst davor, sich auszuprobieren – sie wagt sich an Stimmverzerrer, loopt sich quasi einmal um sich selbst, und erfindet sich auf diesem Album von Anfang bis Ende einmal neu – ohne ihre Songs dabei zu überfrachten oder von ihrem subtilen Songwriting abzulenken. Und das soll ihr erstmal einer nachmachen.
Låpsley – Long Way Home
VÖ: 4. März 2016, XL Recordings
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