Als allererstes muss man zu Mogwais neuem bereits am 1. April erschienenen Album festhalten: Es ist ein Soundtrack. Darin haben die Schotten ja schon einiges an Erfahrung. Die nun dritte Platte dieser Art – ‘Atomic‘ – wurde für die BBC Dokumentation ‘Atomic, Living in Dread and Promise‘ geschrieben. Der Film befasst sich mit dem nuklearen Zeitalter zwischen Zweitem Weltkrieg und Fukushima.
Die zum Quartett geschrumpfte Band hält ihren gewohnt hohen musikalischen Output auf Kurs. 2014 erschien ihr letzter Langspieler, ein Jahr später das umfangreiche Best Of zum zwanzigjährigen Bandjubiläum. ‘Atomic’ ist ein unbehagliches und bedrückendes Werk geworden. Die Songs passen, ohne den Film dazu gesehen zu haben, perfekt zum schwierigen Thema. Die Band erzeugt auf den zehn Liedern nicht nur eine dunkle Atmosphäre. Sie geht auch einen Schritt weiter, indem sie anscheinend jeden Song speziell für den im Songtitel festgelegten Aspekt geschrieben haben. Zum Beat in ‘U-235‘ kann man sich gut die chemischen Reaktionen/Verfall des nuklearen Stoffes vorstellen. Der Trademarksound geht auch mit den nun alles übertönenden Keyboards nicht verloren. Gitarren sind nur noch vereinzelt, dafür aber in Schlüsselrollen zu finden.
Im wohl bemerkenswertesten Stück ‘Fat Man‘ haben Mogwai ein in Moll gehaltenes Klavier über einen ruhiges, herzschlagähnliches Pochen gelegt. Langsam verdichtet sich der Klang mit immer mehr Synthesizern. Das Pochen und die Klaviermelodie wiederholen sich weiter und weiter bis sie recht plötzlich wieder alleine zu hören sind. Alles wird langsamer, ruhiger, eindringlicher. Am Ende erlischt der Herzschlag. Stille. Eine beeindruckende Vertonung der Tragödie von Nagasaki. Die Atombombe Fat Man wurde im Sommer 1945 über der japanischen Stadt abgeworfen.
Mogwai zeigen also teilweise sehr eindrucksvoll, dass sie bewegte Bilder in Musik umsetzen können. Ohne diese Bilder wird das Album auf ganze Dauer allerdings recht schnell eintönig und kontrastarm. An die musikalische Qualität der letzten Studioalben kommt ‘Atomic’ nicht heran. Man kann es aber durchaus als Aussicht auf die weitere Entwicklung des Bandsounds verstehen. Ganz an den Nagel werden die Schotten ihre Gitarren aber wohl nicht gehangen haben.
Mogwai – Atomic
VÖ: 1. April 2016, Rock Action
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