It’s hard to take all of this hate
It’s hard to take all of this hate, this hate
First move they think they never saw
Be careful with me, be careful with
Join with me
I Should have heard your fear
(Bonobo feat. Michael Milosh – Break Apart)
Es ist oft schwer, einem neuen Album das zugeordnete Thema anzuhören. Manchmal erschweren es einem generische oder metaphorische Texte, manchmal fehlen Lyrics auch komplett. Da können Pressetexte und Interviews noch so viel erzählen, den exakt gleichen Zugang zu Musik, den die Musiker haben, kann die Hörerschaft sowieso nie entwickeln. Ob das überhaupt erstrebenswert ist, sei dahingestellt. Auch wenn Musik generell auf jeden eine andere Wirkung hat, werden mit bestimmten Elementen häufig die gleichen Empfindungen verursacht. Man denke nur an die viel zu vielen Soundtracks, die einem immer vorschreiben wollen, wann es spannend wird und wann man traurig sein soll.
Bonobos neues Album Migration ist so ein Kandidat: die Musik ist die gewohnte Mischung aus elektronischen und analogen Instrumenten, es gibt nur wenige Lyrics und ein klares Thema wird schon im Titel vorgestellt. Mastermind Simon Green erklärt in Interviews, dass er mit dem Begriff nicht auf das aktuelle politische Geschehen in Europa zielt. Für ihn ginge es eher um seinen Umzug von London nach Los Angeles, um die Globalisierung des Privaten, das Reisen um die Welt und das Suchen nach einem Zuhause. Ganz schön komplizierte Aspekte.
Rein musikalisch betrachtet ist Migration der logische Nachfolger zu The North Borders aus 2013. Green verwendet die gleichen, für ihn so typischen Bausteine: Überall flirren und schimmern die Percussions und Samples. Es gibt Streicher, Gitarren, Bläser – das volle Programm. Dazu gesellen sich wieder einige prominente Gesangsfeatures. No Reason mit Nick Murphy ist ein unspektakulärer Clubtrack. Break Apart mit Michael Milosh (Rhye) ist ein gefühlsvoller Liebessong.
Um wieder zu den anfänglichen Gedanken zurückzukommen: Vieles auf Migration kann man in die gewollte Richtung interpretieren. In den Texten der genannten Songs geht es womöglich um Paare, die mit Fremdheit und räumlicher Trennung konfrontiert sind. Mit Ontario, Kerala und Bambro Koyo Ganda finden sich gleich drei geografische Referenzen in der Titelliste. Letztgenannter Song setzt afrikanischen Gesang mit westlichen House zusammen. Das alles vor dem Hintergrund, dass auch die Musik einen schnell auf Reisen schicken kann. Gerade zum Titeltrack und Opener kann man sich räumliche Bewegung gut vorstellen. Die melancholischen Klaviernoten von Jon Hopkins lassen die Gedanken schwelgen und gleichzeitig wird man von den Drums unnachgiebig vorangetrieben.
Migration ist ein sehr gutes und sehr harmonisches Album geworden. Es wirkt wie aus einem Guss, alles durchdringt ein Gefühl von wunderbarer Wärme und Melancholie zugleich. Vielleicht ist dieses Gefühl ja die Wanderlust…
Bonobo – Migration
VÖ: 13. Januar 2017, Ninja Tune
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