EINAR STRAY ORCHESTRA – Dear Bigotry

In the nuance of your tone
I can hear it all
You’re smiling and you’re not
At same the time

All we ever want
How is that enough?
We got everything
But there’s something missing

We got everything we dreamed of except for dreams
We’re everything they ever wanted us to be

(Einar Stray Orchestra – Penny for Your Thoughts)

2012 erntete Einar Stray mit Chiaroscuro alle möglichen Vorschusslorbeeren und dies ganz zu recht. Chiaroscuro war ein Album voll mit aufwühlendem Indiepop, der mit der Einfachheit von Pop so gar nicht zu vereinbaren war. Es waren orchestral instrumentierte Hymnen, komplexe Stück, die mit Klassik, Folk und Postrock spielten und dabei so umarmend wie düster waren. Es war ein Album, so weit weg wie nur möglich von schnödem Indiepop – mit Klavier, Cello, Geige und Gesang als die herausragenden Elemente.

Danach folgte eine Umstrukturierung im Bandgefüge, die Songs wurden aggressiver, lauter, tobender, die E-Gitarre und das Feedback hielten mehr und mehr Einzug. Politricks war voller bitterer Bissigkeit und wies den Schönklang des Vorgängers vehement zurück. Obendrauf gab es beim Bandnamen von nun an den Zusatz “Orchestra”.

Dear Bigotry ist nun das dritte Album der Norweger um Einar Stray. Laut und wütend, ruhig und nachdenklich vereint es beide Seiten und ist doch experimentierfreudiger als alle Alben zuvor. Postrock, triff klassische Klavier-Melodien und straighten Indiepop. In Glossolalia zum Beispiel, versuchen sich Band und Soundeinspieler gegenseitig zu übertönen. Was versöhnlich beginnt, endet nicht selten in ausufernden Soundeskapaden.

Einar Stray Orchestra verhandeln die großen Themen rund um Religion, das Zaudern des Individuums mit der Gesellschaft, unsere Doppelmoral und Zerrissenheit. Dass das nicht nach hinten los geht, liegt vor allem daran, dass die Kompositionen nicht hinter dem inhaltlichen Anspruch hinterherhinken, sondern eine konsequente klangliche Umsetzung finden. Vielleicht sollte man bei Einar Stray ohnehin besser von Kompositionen als von Songs reden. Die bis ins letzte Detail ausgestalteten Klanglandschaften tragen einen in eine fantastische Welt. Und so irgendwie auch weg von den besungenen Problemen, hinein in die eigene Gefühlswelt. Die Songs branden auf und fallen wieder in sich zusammen, wie das Meer an einer schroffen Küste.

Jede Ecke dieser Songs ist ausgemalt in schillernden Tönen, kein Winkel wurde vergessen. Wer es sich einrichten will in diesen Kompositionen, muss sich erst einmal durch all die Schichten wühlen, denn die Songs schwirren einem nur so um die Ohren, so dass man zunächst nicht weiß wo man zuerst hinhören soll. Doch bald erkennt man eine wohlsortierte Ordnung und hinter all den Chören, Streicherflächen und perlenden Klaviermelodien kommen wunderbar schillernde Popsongs zum Vorschein. Zusammengehalten werden die Songs vor allem durch Einars tiefe, beruhigend warme Stimme, die selbst dann nicht die Ruhe verliert, wenn außen herum alles anfängt in die Luft zu fliegen. Das erinnert manchmal vorsichtig an The National, würde man deren Songs mehr musikalische Dramatik verleihen.

Produziert wurde Dear Bigotry von Marius Hagen, den man auch als Frontmann von Team Me kennt und gerade bei der ersten Single Penny For Your Thoughts, dem mit Abstand popigsten und straightesten Song des Albums, scheint diese überbordend und überschwängliche Dringlichkeit durch, die den Sound von Team Me so prägt und die hier beinahe in ausgelassene Fröhlichkeit kippt. Und so scheint Penny For Your Thoughts als erste Single zwar eine ausgezeichnete Wahl, steht aber im Album wie ein Fremdkörper zwischen den doch eher melancholisch, theatralischen Tönen und ausufernden Klängen.

20000 Nights, verspricht kurz vor Ende so etwas wie ein Verschnaufpause der Opulenz und offenbart etwas von der behutsame Zurückgezogenheit des ersten Albums, die seitdem etwas in den Hintergrund gerückt ist.

Einar Stray Orchestra – Dear Bigotry
VÖ: 17. Februar 2017, Sinnbus
www.einarstrayorchestra.com
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