I miss Christopher Hitchens
I miss Oliver Sacks
I miss poor Robin Williams
I miss Sylvia Plath
Every morning’s a desert
Every night is a flood
They say a party can kill you
Well sometimes I wish it would
(Conor Oberst – A Little Uncanny)
Es ist gerade mal ein halbes Jahr vergangen, seitdem Conor Oberst mit Ruminations ein Album präsentierte, das keinem zweiten aus seinem umfangreichen Katalog gleicht. Aufgenommen in den Wintermonaten in Obersts Heimatstadt Omaha in Nebraska verkörpert sein siebtes Solo-Studioalbum vor allem eins: eine bedrückende Einsamkeit. Nicht dass Oberst nicht bereits zuvor reduzierte Song-Arrangements wertschätzte (ähnliche Beispiele gibt es vor allem auf den frühen Bright Eyes-Veröffentlichungen zur Genüge) – hier macht die Abwesenheit eines musikalischen Teams den entscheidenden Unterschied. In 48 Stunden wurden zehn Songs aufgenommen: Nur Oberst an der Mundharmonika, Klavier und eine Akustikgitarre. Ein Blick auf ein schweres und düsteres Kapitel in Obersts Leben erklärt die Bedeutsamkeit und die fühlbare Schwermut von Ruminations: Missbrauchsvorwürfe eines Fans gegen ihn im Jahre 2013, die sich nach sechs Monaten als unwahr herausstellten und widerrufen wurden. Mit Ruminations versuchte Oberst all den Kummer und die Betroffenheit in Isolation zu verarbeiten, um Platz für ein neues Kapitel zu schaffen – dieses Vorhaben scheint ihm geglückt zu sein.
Mit Salutations folgt ein Nachfolger, auf dem die Songs von Rumination in voller Bandbesetzung interpretiert und erneut aufgenommen wurden. Produziert von Oberst und Jim Keltner fanden die Aufnahmen hierzu in Rick Rubins berühmten Shangri-la Studios mit Gastauftritten von unter anderem Maria Taylor und M. Ward in Malibu statt. Neben den bekannten Stücken des Vorgängeralbums finden sich auf Salutations sieben zusätzliche Songs, die während einer Session in den Five Stars Studios im Echo Park im Jahr 2016 entstanden sind.
So sticht auch in der Neuauflage der Song A Little Uncanny durch Obersts Talent für scharfsinnige, traurige und zu gleichen Teilen berührende Songtexte heraus: “I miss poor Robin Williams, I miss Sylvia Plath / Every morning’s a desert / Every night is a flood”. Das Stück lebt und spricht von beeindruckenden Berühmtheiten, deren weitreichenden Einfluss und somit auch von möglichen Heldenrollen und Vorbildern. Es ist gut möglich, dass Oberst hier auch seine persönlichen Vorbilder aufführt. Die Nennung von Williams und Plath in der gleichen Strophe gibt zu denken – zwei erfolgreiche, beeindruckende Persönlichkeiten, die Suizid begangen. Doch scheint Oberst ein paar Zeilen weiter die für ihn richtigen Schlüsse zu ziehen: “But I’ll get strong enough, I’ll be man enough / To keep myself in check”.
Ein weiterer Song wirkt in seiner überarbeiteten Version nicht weniger intim und wunderschön – sanfte Streicher, Drums und E-Gitarren sind bei Counting Sheep mit Bedacht gewählt und eingesetzt. Zeilen wie “Closing my eyes, counting sheep / Gun in my mouth, trying to sleep” erreichen den Hörer genauso unmittelbar. Das neue Arrangement in Bandbesetzung tut dem Stück gut, keine Version ist stärker oder besser als die andere.
Salutations mag durch seine Fülle an Songs ein wenig herausfordern, doch liefert es vor allem eine funkelnde Neuinterpretation von Obersts reflektiertesten und persönlichsten Songwriting.
Conor Oberst – Salutations
VÖ: 17. März 2017, Warner Music Germany
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