Who the hell is Hippie Johnny
Feel like somebody at school I know
I need to get to sleep
But maybe, maybe, maybe just one more
So play it, play it loud on the radio
(Strand Of Oaks – Radio Kids)
Lässig zurückgelehnt sitzt er da mit seiner langen, dunklen Mähne, dem Vollbart, der großen Sonnenbrille und diesem verschmitzten Blick – nein, die Rede ist nicht etwa von Jeff Bridges alias The Big Lebowski nach zu vielen White Russians. Tatsächlich handelt es sich hier um einen anderen Dude, und zwar um Timothy Showalter (aka Strand of Oaks), der auf dem Cover seiner neuen Platte Hard Love posiert. Eingefasst in einen pinken Rahmen offeriert er sein 5. Studioalbum, das mal impulsive und raue, mal zarte und empfindsame Filter über Themen wie Frust und Unzufriedenheit in der Liebe, Erfolg oder das Älterwerden legt. Was sich in vorherigen Werken (wie zum Beispiel im Vorgängeralbum Heal) musikalisch in akustischen oder folkigen Rastern bewegt, wirbelt mit Hard Love etwas mehr in Richtung Blues, Grunge und klassischem Rock, und erinnert damit teilweise an Bandgrößen wie Oasis, U2 oder The Rolling Stones.
In einem Interview mit Vinylmeplease erzählt der Amerikaner über sein Album, “I just felt a lot more comfortable risking things even more and pushing myself into the unknown (…).“ Ins Unbekannte treibt dabei bereits der Titelsong, in dem Showalter seine private Gefühlslage nach Trennung und dem Wiederfinden der Liebe besingt, “He ran away, he went searching, he came back, tired of looking (…)“. Die Musik dazu ist enthusiastisch und tanzt sich mit spacigem Gitarren- und Keyboard Sound auf eine Party, deren Programm durch unbeirrtes hin und her schwanken zwischen Indie und Mainstream kaum definierbar ist. Das gleiche gilt irgendwie auch für die erste Single Radio Kids, die mit diesem eingängigen Refrain, “play it, play it loud on the radio”, in Begleitung mit einem starken Beat direkt ins Ohr der Radiohörer(massen) geht.
Mutiger zeigt sich Hard Love dann, als es kantiger wird: der Song Rest Of It kommt mit solidem Rock’n’Roll sehr authentisch daher und wirkt nach der sanften Piano-Ballade Cry regelrecht erfrischend, in Salt Brothers erinnern leicht depressive und verzweifelte Formen an Eddie Vedder’s Soundtrack zum Film Into The Wild und in Quit It sorgen raue Garagen-Vibes und behutsame Stimmen für einen interessanten Mix. Das Lied, das jedoch am stärksten abhängig macht und im Gedächtnis bleibt, heißt Taking Acid and Talking To My Brother. Ganze acht Minuten lang umkreisen uns hier psychedelische Strukturen und bieten ungefilterte und berührende Musik. Was vordergründig nach exzessivem Drogenkonsum klingt, geht inhaltlich in eine andere Richtung: “Jon you are made of light, Jon you are real, wake up and see it all, everything, and live it all again“ ruft der Sänger und beleuchtet damit die Geschichte seines Bruders, der nach einem Herzstillstand im Koma liegt und sich dadurch in einem Zustand befindet, der so hilflos und ausweglos- und durch keine Droge nachvollziehbar ist, sozusagen „when reality is more intense than psychedelics“ (NPR Music).
Der Song ist als Schlusslicht von Hard Love gut platziert. Mit seiner Tiefe und Ehrlichkeit zeigt er sich mitreißend und überdeckt damit einige andere Stücke, die zwar auch Potenzial haben und gut gedacht sowie produziert sind, teilweise jedoch mit zu wenig Charakter auf halber Strecke verdursten.
Strand Of Oaks – Hard Love
VÖ: 17. Februar 2017, Dead Oceans
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