Künstlerische Weiterentwicklung ist ja immer so eine Sache. Die Musiker möchten selbstverständlich nicht auf der Stelle treten, aus der Komfortzone verschwinden, sich neuen Herausforderungen stellen. Die Hörer auf der anderen Seite wollen eigentlich immer das gleiche hören. Immer OK Computer, nur anders. Aber es soll sich trotzdem ja auch nix wiederholen oder langweilig werden. Wenige Acts haben es geschafft, ihren Sound immer neu zu erforschen und dabei die Anerkennung von Fans und Kritik zu ernten.
Auch Lambert steht vor dieser Herausforderung. Hat er sich doch schon vor ein paar Jahren mit seinem Selbstbetiteltem Debut einen Namen in der deutschen, alternativen Popszene gemacht. Die schlichten Piano-Miniaturen erinnerten unweigerlich an Chilly Gonzales‘ Solopiano. Auf dem Nachfolger Stay In The Dark aus 2015 wurden die Klavierspielereien konsequent zu Ende gedacht. Die perfekte Symbiose mit einem Schlagzeug erzeugte eine mitreißende Bildhaftigkeit.
Das neue Sweet Apocalypse soll genau dort anknöpfen. Der Mann mit der Stiermaske möchte einen Kommentar auf das Interesse unserer Gesellschaft an der Apokalypse abgeben. Dazu reichte ihm sein Klavier und die dazugekommenen Drums nicht mehr. Streicher, Bläser und ein Flüsterchor sollen die zum Thema passenden düsteren Klanglandschaften schaffen. Auch die Titel der Lieder zeigen, dass Lambert hier sehr bildlich sein möchte. Dazu noch ein romantisch-kitschiges Cover zum Thema und fertig ist das perfekte Konzeptalbum, richtig?
Falsch. Und da wären wir auch wieder beim Thema Weiterentwicklung. Den bildreichen Sound des Vorgängers kann Sweet Apocalypse leider nie erreichen. Der Großteil der neuen Platte wirkt verkopft, alles soll irgendwie zum Thema passen. Dabei entstanden viele gute Tracks, doch allzu oft hat man das Gefühl, dass eine zurückgenommenere Version besser gepasst hätte. So mitreißend wie z.B. das Titelstück live als Duo dargebracht wird (unbedingt auf YouTube anhören!), so enttäuschend glatt ist dessen Studioversion geworden. Aftermath ist vielleicht der einzige Track, der einen Mehrwert aus der reichen Instrumentierung schöpft.
Die starken Grundgerüste der meisten Songs lassen klar die Verwandtschaft zu der restlichen Diskographie des Künstlers erkennen. Doch analog zu den Covers scheint auf Sweet Apocalypse einfach zu viel dazu gekommen zu sein, um an die gewohnte Perfektion heranzukommen. Keine perfekte Entwicklung.
Lambert – Sweet Apocalypse
VÖ: 12. Mai 2017, Deutsche Grammophon
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