Foto-© Mads Perch
01110011
Crying zeros and I’m hearing 111s
Cut my somersault; sign my backflip
Pool, summer, summer, pool, pool summer
Kiss me
(alt-J – In Cold Blood)
Merle: Was einem nach dem für alt-J recht untypischen Cover (J: Voll hässlich!) wohl als erstes auffällt, ist die Kürze des Albums.
Jonathan: Ich finde, acht Titel sind etwas wenig. Auch wenn es 40 Minuten sind, wirkt das Album nicht komplett. Die letzten Titel lassen es zwar gut auslaufen, aber der Mittelteil ist etwas dünn.
M: Sehe ich nicht so. Zuerst habe ich mich auch gefragt, ob die übliche Albumlänge nicht besser gewesen wäre. Aber es fehlt mir nichts. Ich wüsste nicht, was es sie hätten ergänzen sollen.
M: Was ich mich gefragt habe: Wieso wird es als Folk-Album betitelt?
J: Ganz klar: Die Leute haben einfach nur die ersten 20 Sekunden gehört.
M: Ist eigentlich auch egal.
J: Aber wie würdest du den Klang zusammenfassen?
[langes Grübeln]
M: Ist schwierig, weil die einzelnen Songs sich stark unterscheiden. Wahrscheinlich kann man es am besten beschreiben, wenn man es mit dem alten alt-J Sound vergleicht. Weil der teils noch vorhanden ist, aber insgesamt weniger elektronisch, abwechslungsreicher…
J: Auch Streicher und Bläser…
M: Die Bläser sind so gut. Ich liebe die Bläser!
J: Das Album spielt stark mit dem Kontrast zwischen den treibenden, voranschreitenden, lauten und den stillen, introvertierten Songs dazwischen. Letztere sind auch die mit mehr Instrumentalteilen.
M: Generell haben sie der Instrumentierung diesmal mehr Raum gelassen und sind teilweise erstaunlich still.
J: Das eröffnende 3WW entwickelt sich sehr lange, bis man nach eineinhalb Minuten das erste Mal eine dieser hellen Männerstimmen hört. Und dann plötzlich dieser herrlich kitschige Refrain. Die Bridge danach ist Musik zum reinsetzen. Die Sängerin von Wolf Alice singt den Teil einfach abgefuckt cool.
M: Das Plätschern am Ende zeigt auch wieder die Detailverliebtheit, von der ich eben schon gesprochen habe. Aber lass uns über den zweiten Track reden. Der ist wohl der typischste alt-J Song. Hätte so auch auf das erste Album gepasst.
J: Meinst du wegen des rhythmischen Einsatzes der Stimme?
M: Ja. Aber auch die sonstige Instrumentierung.
J: Über Hit Me Like That Snare sollten wir noch reden. Der fällt auf jeden Fall heraus. Das Geschrammel ist diesmal konsequent durchgezogen. Klingt wie ein einziger rotzfrecher Zungenrausstrecker.
M: Und sehr klug in die Mitte des Albums verfrachtet. Am Anfang oder Ende würde es wahrscheinlich den Sound zu sehr dominieren.
J: Außerdem zeigt sich hier wieder das starke Songwriting der Briten. Die Lieder sind nicht nach Schema F aufgebaut. Sie bestehen vielmehr aus unterschiedlichen Teilen, die aber zusammen ein schlüssiges Ganzes ergeben.
M: Ich habe das Gefühl, dass sie gerne experimentieren und auch mit ihren Mitteln spielen. Sogar bei dem Cover House Of The Rising Sun, das nur noch an Titel und Text zu erkennen ist, merkt man, dass sie das Neue suchen.
M: Wie viele Diskokugeln würdest du also geben?
J: 4,5. Weil es nicht perfekt ist, aber definitiv sehr hörenswert.
M: Finde ich auch passend. Für fünf Punkte nehmen mir auch die etwas schwächeren letzten beiden Tracks zu viel Raum ein. Die Komposition ist bei weitem nicht so stark, teilweise zu monoton.
J: Dieser pathetische König-der-Löwen-Style passt echt nicht zum Rest. Aber Eklektizismus ist es nicht.
alt-j – RELAXER
VÖ: 02. Juni 2017, Infectious Music
www.altjband.com
www.facebook.com/altJ.band