Foto-© Micki Rosi Richter
Riding in the limousine watching rocket power
Time moving slow, a million blunts a hundred hours
All the windows down rolling wraps full of flowers
I light the match, I light the end
Smoke it like my prowler
Murals on the wall
(Lea Porcelain – Bones)
Man könnte meinen, Lea Porcelain sei dem Schoße einer großen, britischen Metropole entsprungen. Oder dem eines anderen Jahrzehnts. Beides ist aber falsch: Hymns To The Night ist das Debüt von Markus Nikolaus und Julien Bracht – aus Frankfurt. An dieser Stelle kommen nun doch die großen Städte ins Spiel: So richtig zusammengefunden haben die beiden nämlich erst nach ihrem Umzug nach Berlin und später nach London. Entstanden ist ihr Album aber erst in Deutschland, genau genommen im Berliner Funkhaus, das ehemals den Rundfunk der DDR beherbergte und wo das Album letzte Woche zum ersten Mal live performt wurde. Sie teilen sich also ihren Schaffensort mit Musikern wie Nils Frahm und die Bühne mit den allerseits geschätzten alt-J, als deren Vorband sie aktuell fungieren. Man muss nicht dort gewesen sein, um sich vorstellen zu können, wie wunderschön sich ihre Musik, in der mit Tristesse und Melancholie geradezu jongliert wird, in diese Kulisse gefügt haben muss.
Immer wieder meint man die Reminiszenzen an vergangene Zeiten zu erkennen: Das vorab erschienene Warsaw Street zum Beispiel – man denke an Joy Division, ihre Gemeinsamkeiten beschränken sich nicht nur auf den Titel. Es bleibt auch nicht bei nur einem Song, der sich an Bewährtem, gar Gefeiertem und Geliebtem bedient. The Cure sind wohl bei Titeln wie The Love nicht ohne Einfluss geblieben. Und immer, immer wieder Joy Divison (Out Is In, A Faraway Land, A Year From Here). Dann ist da dieses Bruce Springsteen Cover. Streets of Philadelphia trieft vor niederschmetternder Traurigkeit – und fügt sich perfekt in den Rest des Albums, der mal schneller, mal schwergängiger voranstampft.
Und dennoch: zu glauben, mit Hymnes To The Night ein simples Replikat in den Händen zu halten, wäre weit gefehlt. Es handelt sich dabei um keinen stumpfen Abklatsch, das Duo transferiert Postpunkt hervorragend ins Jetzt. Das Album hat seinen ganz eigenen Anstrich, seine eigene Note, auch wenn gerne Ian Curtis und Robert Smith zitiert werden.
Ein derartiges Brimborium wie im Funkhaus ist schön, braucht es aber nicht, um zu erkennen, dass Lea Porcelain auf Hymns To The Night etwas geschaffen haben, an dem man lange zehren und das man nicht so schnell vergessen wird. So eifrig jede Vorabsingle von KritikerInnen und Fans aufgesogen und gelobt wurde – so wenig enttäuscht werden sie von dem Debüt auf voller Länge sein.
Lea Porcelain – Hymns To The Night
VÖ: 16. Juni 2017, Lea Porcelain Recordings
www.leaporcelain.com
www.facebook.com/leaporcelainofficial