Cover: © Melt Festival
Es ist schon sehr witzig: Auch nach dem 100 Mal „Bagger speiht Flammen“ tönt das Publikum einstimmig mit faszinierenden „Ahhhh“-Rufen. Das ehemalige Tagebau-Gelände Ferropolis begeistert jedes Jahr aufs neue die Melt-Besucher: Industrieromantik trifft Strand, See und Waldlandschaft – Indie trifft Elektro und das 72 Stunden am Stück. Und das hat sich auch in der 20. Ausgabe nicht geändert.
Alterungserscheinungen lassen sich trotz jährlicher Eskapaden auf dem Sleepless Floor auch beim Melt 2017 nicht entdecken. Eher scheint das Festival in sich gereifter, vielleicht auch etablierter und vor allem was besonders gefällt: positionierter. Ein Sticker mit der Aufschrifft „Meltfrieden“ beschreibt zumindest das, was das Melt sein möchte. Akzeptanz und Vielfalt, Sexisten und Nazis bleiben ganz offiziell vor der Tür.
Und die Musik-Highlights?
Mit einem lauten Knall eröffnete M.I.A am Freitag bei strömenden Regen, Die Antwoord wiederum schließt am Sonntag mit einem noch lauteren und viel Konfetti. Dazwischen bot sich den Besuchern alles, was man sich von einem gelungenen Festivalwochenende wünscht: Von mitsingenden Fans bei bei Bungalow, Lisztomania und I fink u freeky, stagedivenden Sängern wie Thomas Mars und Ninja, wahnsinnige Sound und Visuals-Performance bei Bonobo und Soulwax sowie echten Band-Überraschungen wie etwa Tom Misch.
It is all about techno…
Im Gegensatz zu den Bands, die sich der Setlist-Diktatur zwischen „neues Album promoten“ und „Hits abliefern“ unterwerfen müssen, haben die DJs freie Wahl. Der junge Australier Mall Grab bestätigt mit einem breitgefächerten Set seine Hoffnungsträger 2017 Listenpositionen des Vorjahres in Magazinen wie Groove. Und liefert einen der Momente des Wochenendes: Nach knapp 8 Stunden Dauerregen hört es während seiner Peak-Time endlich auf und zu den ersten Sonnenstrahlen verwandelt er den Sleepless-Floor in den „Club Tropicana“ von Wham! “Club Tropicana, drinks are free / Fun and sunshine, there’s enough for everyone“. Vielleicht hat er noch ein paar Frinks mit Maurice Ernst getrunken? Sonnenschein gibt es am nächsten Morgen dann genug und Dekmantel Soundsystem hauen dazu auf der sonst eher Berghain-technoideren Big Wheel Stage ein fulminantes Funk- & House-Set in den blau-roten Morgenhimmel. Kurz zuvor stampfte nebenan noch der ganze Strand im Marschschritt zum Westbam-Remix von DAFs „Sato Sato“ als Closer eines, wie immer, großartigen Dixon Sets. Maceo Plex fordert das Publikum mit einem stilistisch und epochenmäßig druckvollen Set zwischen Proto-Techno, EBM und 80s Wave, während Marcel Dettmann leider eher gefangen im Berghain-Sound-Kosmos schien. Âme & Rødhåd beweisen dann, dass 2:00 Uhr am Montagmorgen noch viel zu früh ist um Schluss zu machen und hinterlassen einen noch packevoll gefüllten Platz während die feuerspeienden Bagger ihr letztes Pulver verschießen. Ein Teil des Publikums vielleicht auch…
Wir freuen uns schon aufs Melt 2018!