Can you remind me the building you live in
I’m on my way
It’s getting cold again but New York’s gorgeous
It’s a subway day
(The National – Nobody Else Will Be There)
Sleep Well Beast ist The Nationals mittlerweile siebtes Studioalbum – und auch wenn die Band sich darauf nicht komplett neu erfindet, öffnet sie zumindest doch dem kontrollierten Chaos zum ersten Mal ein Hintertürchen – und taucht damit unerwartet neue Tiefen für die alten Tricks.
Sleep Well Beast ist kein ausgesprochen politisches Album – und doch finden sich darauf politische Kommentare – wie zum Beispiel auf der ersten Single The System Only Dreams In Total Darkness, einem beißenden Rocksong mit einem unwiderstehlichen Refrain und für The National-Verhältnisse ungewöhnlich pointierten Gitarrensolo. Überhaupt wagen sich die New Yorker sich auf dem Album an erstaunlich viele musikalische Überraschungen heran. Von den leise pulsierenden Synthiebeats auf Born To Beg, die den sonst eher leisen Song mit einem wunderbar-samtigen Klangteppich anreichern, über die punkig-chaotischen Gitarrenriffs und den wütend-stakkatoartigen Gesang auf Turtleneck bis hin zu den housigen Background-Beats der Piano-Ballade Guilty Party – zu keiner Zeit vergisst man, mit wem es man hier zu tun hat, aber diese neue Experimentierfreude gibt den Songs ein Level an Vielschichtigkeit, an das viele der alten Songs noch nicht herankommen konnten. Die Gitarrenriffs sind sharper, die elektronischen Einflüsse gliedern sich organisch in die klassischen Songgerüste ein, und die Streicher sind dramatischer.
Was bleibt, ist die Intimität der Texte und des Gesangs von Frontmann Matt Berninger – viele davon hat er an der Seite seiner Frau und Journalistin Carin Besser geschrieben. Niemals platt, und immer von einer entwaffnenden Selbst-Reflektion und Humor gekennzeichnet, beschäftigen sich die Songs mit den allseits familiären Thematiken: Liebe, Verlust, Selbstzweifel und Beziehungen – ein Potpourri an Melancholie und Weltschmerz, das zu den kritischen Zeiten dieses Jahres passt, ohne dass es ein konkretes politisches Statement abgeben muss.
Carin At the Liquor Store ist beispielsweise eine wunderbare melancholische Ballade, in der Berninger seine Selbstzweifel in Bezug auf Frauen besingt: „I wasn’t a catch, I wasn’t a keeper“, stellt er darin fest, nur um im darauffolgenden Dark Side Of The Gym völlig selbstverständlich seine Anziehungskraft über eine Geliebte zu beschwören: „But I’m gonna keep you in love with me for a while / I’m gonna keep you in love with me…“
Diese Zerrissenheit ist es, die das Album auszeichnet, und es so spannend macht. The National–Liebhaber werden noch genug von dem finden, das die Band ausmacht, und alle anderen dürfen sich an den leise aber bestimmt anklingenden neuen Einflüssen erfreuen.
The National – Sleep Well Beast
VÖ: 8. September 2017, 4AD
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