Foto-© Racheal Wright
I could write a good-time song
That says how happy I’ve become
Now I use my knife and fork
And never forget to wash up
The streets been talkin’
But it would not be the truth
Just like your DTPM tattoo
Don’t you know how dumb you look?
Leave those days behind you
The streets been talkin’
(Kele Okereke – Streets Been Talkin’)
Wäre es nicht schön, für einen Tag in die Rolle des Lieblings-Superhelden zu schlüpfen, oder in das andere Geschlecht – viele Sorgen, die man hat und viele Versäumnisse, die man verspürt, rühren der Einbildung her, man könne gewisse Dinge nur erreichen, wenn man das gute Aussehen, die Schlagfertigkeit oder die Superkräfte eines anderen zur Hand gehabt hätte. Doch das man sich nicht immer einer Transformation unterziehen muss, um seine Träume zu verwirklichen, beweist Kele Okereke zum wiederholten Male, mit seinem kürzlich erschienen Album Fatherland.
Der Bloc Party Frontmann überzeugte zwar schon mit seinen vorherigen Solo-Projekten, The Trick und The Boxer und zeigte damit, dass man ihn musikalisch nicht in eine Schublade, sondern eher in einen sehr geräumigen PAX Schrank von IKEA stecken muss. Doch geht er noch einen Schritt weiter und legt genau diese Vielschichtigkeit in seinem neuesten Werk an den Tag. Aus Kele wird Kele Okereke und die gewohnten Electro-Beats seiner Soloplatten, die schon den Indie-Pop aus Bloc Party Zeiten in den Hintergrund gedrängt hatten, weichen nun überwiegend klassischen Singer-Songwriter Stücken.
Alles wirkt weniger gehetzt, dafür mit viel Herz, wie beispielsweise in Streets Been Talkin’. Dies zieht sich auch durch die Duette Grounds for Resentment mit Olly Alexander von Years & Years, einem Song über die universelle Liebe und Versions of Us mit Corinne Bailey Rae. Die Liebe, so auch Religion, aber vor allem auch Familie, bilden dabei durchweg die Mittelpunkte der Platte. Der 35-jährige Brite trägt sein Leben offen in die Welt, mal unterstützt durch klassische Akustik-Gitarre wie in You Keep on Whispering His Name und Caspers, oder mit durchdringenden Bläsern wie in Do U Right oder im Opener Overture. Das Album zeigt das aufregende und bewegende Leben des Künstlers, in das nun – seitdem er sich 2010 offen zu seiner Homosexualität bekannte und sich seither für die Rechte der LGBT-Community einsetzt – durch seinen Partner, aber vor allem durch die Geburt seiner Tochter Savannah, ihr widmete er auch den gleichnamigen Song, eine erneute Entwicklung eingestellt hat.
Damit die Platte allerdings nicht zu sehr den charmanten Familienvater raushängen lässt, hätte er dem Ganzen noch die ein oder andere elektronische Würze aus der Vergangenheit verleihen dürfen. Doch wer sich, wie das Multi-Talent, vom Bandmitglied und Solokünstler zum Vater mausert, hat das ja vielleicht auch gar nicht mehr nötig. Mit Fatherland beweist er auf jeden Fall wieder einmal, dass alles möglich ist und es am Ende dann doch das Wichtigste ist, man selbst zu bleiben. Daher ein Album, das die Augen öffnet, auch ohne Superhelden-Kräfte.
Kele Okereke – Fatherland
VÖ: 6. Oktober 2017, BMG
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