NOAH GUNDERSEN – White Noise


Foto-© Charlie Shuck

Is this the good life you were imagining?
Tied up and tired of everything?

(Noah Gundersen – Number One Hit Of The Summer (Fade Out))

Wenn Künstler ein Album über die Missstände ihrer Zeit herausbringen wollen, gilt es, der Schnellste zu sein. In diesem Fall war es Father John Misty, der Noah Gundersens Plan, ein Konzeptalbum über die Abgründe der Entertainment-Industrie und Social Media Plattformen zu veröffentlichen, durchkreuzte. Nun also White Noise statt Pure Comedy.

Gefühle wir Überforderung, Frustration und Angst finden trotzdem ihren Platz auf dem dritten Studioalbum des Amerikaners. Nur geht es nun weniger um allumfassende als um seine persönlichen Eindrücke. Die Einsicht, sich nicht mehr mit der Musik, die er bisher gemacht hat, identifizieren zu können, war wohl der Auslöser dafür.

Und tatsächlich beginnt White Noise mit den Titeln After All (Everything All The Time) und The Sound sehr viel treibender und rockiger als man es von ihm gewohnt ist. Das liegt vielleicht daran, dass Gundersen seiner Band bei der Produktion mehr Mitsprache eingeräumt hat, aber auch die Einflüsse großer Vorbilder sind herauszuhören. So erinnern zum Beispiel zwei der interessantesten Songs des Albums Cocaine, Sex & Alcohol (From a Basement in Los Angeles) und der darauf folgende Track Bad Actors entfernt an Radiohead.

Leider währt die Inspiration nicht allzu lange. “No one gets a break in this town / They’re closing all the local joints down / There’s nothing left for us here now / In fear and loathing”, singt der 28jährige, während nun wieder die Akustikgitarre den Sound dominiert. Markant an diesem Album sind auch die Songlängen. So schafft er es auch hier, in Fear & Loathing, den schon nicht mehr erwarteten Höhepunkt bis zur fünften Minute heraus zu zögern. Man hat fast den Eindruck, er würde immer wieder kontrolliert und beherrscht an die Lieder herangehen, bis er schließlich von seinen Gefühlen übermannt wird.

Dafür, dass Noah Gundersen großen Wert auf den Gesamteindruck eines Albums legt, lässt sich in White Noise nur schwer eine Dramaturgie finden. Vielmehr ist es eine Ansammlung von sehr unterschiedlichen Songs, die vielleicht das Ergebnis seiner musikalischen Umorientierung sind, vielleicht aber auch ganz bewusst konfuse Gefühle auslösen: „Fear, anxiety, desire, sex, lust, love. White Noise is the place between waking and dreaming, where the edges blur and the light is strange. It’s a car crash, it’s a drowning, it’s everything all the time.”

Noah Gundersen – White Noise
VÖ: 22. September 2017, Cooking Vinyl
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