Kaum volljährig zogen die australischen Herren der Band Parcels nach Berlin, um nicht nur um Großstadt-Dschungel abzutauchen, sondern um auch kurze Zeit später mit diversen Highlights auf sich aufmerksam zu machen. Bei Support-Touren mit Two Door Cinema Club und Phoenix bewies man, dass man einem Publikum ordentlich einheizen kann, sodass kurze Zeit später auch die eigene Tour komplett ausverkauft war – aber hey, kein Wunder, wurde doch ihre letzte Single Overnight gar von den Herren Daft Punk produziert. Der Grundstein für eine große Karriere ist also gelegt und dieses Jahr wird wohl an neuem Material gearbeitet – wir trafen die Jungs bei ihrer letztjährigen Headline-Show in Berlin zum Interview!
„Parcels“ – schon der Klang dieses Bandnamens klingt wie das Rascheln eines Seidenballonanzugs, auch wenn die Übersetzung des Wortes weit weniger glamourös ist. Ihre Musik hält aber das onomatopoetische Versprechen: Zu behaupten, die Musik der Australier würde sich am Discosound vergangener Tage orientieren, führt einfach nicht weit genug. Viel mehr hätten die Parcels mit ihrer Musik die Glitzerkugeln der 70ies- und 80ies Discos genauso wie sie ist zum Schwingen bringen können – würden sie uns im Interview verraten, dass sie mit einer Zeitmaschine unterwegs waren, wir würden ihnen glauben.
Konsequent zur Musik findet man dies auch im Styling der Jungs wieder: Vor allem Sänger Jules Crommelin umrahmt sein Gesicht mit George Harrisson-Gedächtnisfrisur und üppigem Oberlippenschnorres, trägt fesches Halstuch zum senffarbenen, enganliegenden Shirt und braune Schlaghose. „Meine große Schwester hat sich immer für Mode interessiert und viel in Vintageläden abgehangen. Sie hat mich da immer inspiriert. Ich wüsste gar nicht, wie ich mich zeitgemäß cool kleiden sollte.“ behauptet er und lacht. Er und sein Bandkollege Louie Swain spielen mit dem Rest der Parcels im SO36 den zweiten Abend und beide Konzerte sind seit Wochen ausverkauft. „Berlin unterstützt uns echt – außerdem ist es cool: Man kann ganz entspannt nach dem Konzert nach Hause gehen und in seinem eigenen Bett schlafen.“ Dennoch haben die Parcels seit Neustem ihr Label bei Kitsunè in Paris gefunden „Umziehen wollen wir aber dennoch nicht. Es ergibt sowieso keinen Unterschied, wo in Europa wir leben, da wir immer unterwegs sind.“
Dank exzessiven Tourens hat sich in den letzten Jahren viel für die Parcels verändert: Sie haben eine ergebene Fangemeinde für sich gewonnen, haben weltweit Aufmerksamkeit generieren können und mehrere EPs herausgebracht. Zwar betonen die Parcels immer wieder, dass sie keine Vintageband sind, sondern durchaus an zeitgenössischer Musik und Kultur interessiert sind, dennoch stellt sich die Frage danach, warum sie ausgerechnet heute so vielen Fans reinlaufen. Kleine Popgeschichtseinheit: In den späten Siebzigern und Achtzigern war die Leichtigkeit und Unbeschwertheit des Diskosounds Teil eines jugendlichen Eskapismus. Der fortwährende Kalte Krieg, der immer stärker werdende Kapitalismus und die technischen Fortschritte versetzen die Jugend in Unsicherheiten und Verzweiflung. Disko war der Kontrast zur Realität und in gewisser Weise auch eine Antwort darauf. „Oh Gott, hoffentlich ist das nicht der Grund, warum wir gerade ganz gut funktionieren! Wenn Trump, Le Pen oder die Flüchtlingskrise uns den Weg frei gemacht haben wäre das ja irgendwie traurig.“ sinniert Keyboarder Swain. „Ich denke aber, dass es damals einfach verdammt gute Musik gab und wir uns daran orientieren und es gut mit aktuellen Einflüssen vermischen. Wir werden mal sehen, wie es weitergeht, ich denke unser Sound wird demnächst etwas puristischer.“ Genaueres zu neuer Musik können die beiden aber nicht sagen, da sie selbst noch nicht wissen, welchen Weg sie mit ihrer Band bestreiten werden.
„Wir dachten Anfang 2017, dass wir noch im selben Jahr unser Album aufnehmen würden. Aber das war einfach unmöglich. Wir haben es nicht geschafft!“ erklärt Crommelin. Ständig unterwegs zu sein macht es schwierig etwas Neues zu produzieren. „Wir haben schon angefangen, ein bisschen zu schreiben, aber das wird leider noch dauern.“ Mit einem Debütalbum lässt sich gegen Ende 2018 rechnen. Insgesamt war das Jahr 2017 allerdings dennoch ein erfolgreiches „Das Beste an diesem Jahr ist, dass wir uns mit so positivem Ausblick auf das nächste Jahr verabschieden. Wir werden wieder viel unterwegs sein, Projekte anstoßen, tolle Festivals spielen und eben auch ins Studio gehen. Wenn du mich also fragst, was ich mir fürs nächste Jahr wünsche, kann ich ganz einfach sagen: Nichts. Scheint alles schon so zu laufen, wie wir es gerne wollen.“ Crommelin lächelt.
P.s.: Wir sprechen mit den Jungs nicht darüber, wie es sich als Australier in Berlin lebt, unterhalten uns nicht darüber, wie es eigentlich war, mit Daft Punk einen Song aufzunehmen und wie die Glamourroboter eigentlich unter ihren Helmen aussehen. Wen Antworten auf diese Fragen interessieren, lese bitte jedes beliebige vorherige Interview mit den Jungs.