I’m not gonna end up a nervous wreck
Like the people I know who are nervous wrecks
Though I’m not gonna name names
(Yours was an exception)
Did the sound just stop?
At the end of every day
There’ll be nothing left to say
There’ll be no backstage pass
We gotta go back
(Car Seat Resthead – Famous Prophets)
„Aber diese Songs waren einfach zu gut, um sie sich nicht noch einmal vorzunehmen.“ Kein typischer Satz in der aktuellen Musikwelt, die sich dank Streaming immer schneller um den nächsten Top-Hit des nächsten Top-Newcomers zu drehen scheint. Will Toledo, Mr. Car Seat Headrest, hat es glücklicherweise aber noch nie interessiert, was typisch für Vertreter seines Berufs ist. Er hat immer einfach gemacht. Das Laptop als Studio, ein Auto als Aufnahmekammer. Die Songidee von 3 Uhr Nacht wird direkt nach sechs Stunden Schlaf am nächsten Morgen aufgenommen. So muss es gewesen sein. Anders kann man doch gar nicht auf vier Alben in dreieinhalb Monaten kommen. Der entsprechende LoFi-Klang in Kombination mit nonchalant humorvollen Texten über Beziehungen und das Erwachsenwerden brachten Car Seat Headrest seit der Anfangszeit 2010 vor allem in den USA eine große Fanbase ein. Besonders das 2011 bereits sechste Album Twin Fantasy wurde schnell zu einem modernen Indie-Underground-Klassiker emporgehoben.
Genau diesen Klassiker hat Toledo nun also erneut aufgenommen. Die Möglichkeiten, die dem mittlerweile zur sechsköpfigen Band gewachsenen Projekt offenstehen, sind selbstverständlich um ein Vielfaches zahlreicher. Aber ging es dem 26-Jährigen darum, das LoFi der alten Versionen in ein HiFi zu verwandeln? Oder ist die Neuversion gleichzeitig auch eine Neuinterpretation geworden?
Wahrscheinlich beides. Die neue, größere Produktion ist im Vergleich unüberhörbar. Sie lässt die Altversionen wie Demos erscheinen. Die wohl auffälligste Neuerung ist der nicht mehr nach Blechdose klingende Gesang. Toledos Stimme wirkt nun viel näher und offener, was den großartigen Texten sehr gut steht. „You can text me / When punching mattresses gets old“ oder „God / Give me Frank Ocean’s voice / And James Brown’s stage presence” sind nur wenige, der vielen feinen Textpassagen. Diese sind komplett gleichgeblieben. Twin Fantasy dreht sich weiterhin um das Schmachten des Lyrischen Ichs, welches in jedem Song ein Du ansingt. „Most of the time that I use the word “you” / Well you know that I’m mostly singing about you”
Musikalisch vollkommen neu interpretiert sind die zehn Lieder nicht. Hier und da wurde am Aufbau gedreht, des Öfteren erklingt ein neues Instrument in der Komposition. Aber grundsätzlich wurde behutsam darauf geachtet, dass die großen Stärken des Songwritings noch besser herausgearbeitet wurden. Die wundervolle Leadgitarre in High To Death etwa erstrahlt in ungewohntem Glanz. Erdrückte sie bisher den gesamten Rest des Songs, hebt ihre Klarheit und Prägnanz dieses kleine Indiejuwel auf ein neues Level. Nervous Young Inhumans spiegelt die Entwicklung des Gesamten Klangbilds anschaulich wider. Klang das Lied 2011 wie ein netter Abklatsch der Strokes, kommen in der neuen Version ein eigenständiger Sound hervor. Der Fokus liegt auf dem Zusammenspiel der einzelnen Instrumente. Toledo singt im ersten Teil mit seiner sehr an Beck erinnernden Stimme wieder zu einem Gegenüber. Im zweiten Teil des Songs erzählt er, im Sprechgesang fast so lässig wie Mark Kozelek, einen Text über das eigene Bewusstsein und Religion.
Den wenigen Kritikern, die Will Toledo bisher als zu naiven und unbekümmerten Indie-Bubi abgestempelt haben, zeigt der Amerikaner ausgerechnet mit einem Re-Recording eines alten Albums, dass er tatsächlich der Retter der Indiemusik ist.
Car Seat Headrest – Twin Fantasy
VÖ: 16. Februar 2018, Matador Records
http://carseatheadrest.bandcamp.com
www.facebook.com/carseatheadrest